Mit Blick auf die anstehenden US-Präsidentschaftswahlen im November und einer möglichen Neuauflage des Duells von Ex-Präsidenten Donald Trump gegen Amtsinhaber Joe Biden dürfte die Wahlbeteiligung entscheidend für den Ausgang sein. 2020 ist es Biden nur dank einer breiten Mobilisierungskampagne gelungen, Trump den Platz im Oval Office streitig zu machen. Dringend notwendigen Rückenwind könnte Bidens Kampagne dieses Mal durch die Unterstützung von Taylor Swift, bekommen, die mit ihrer Musik und ihren Botschaften Millionen von jungen US-Bürgerinnen und Bürger erreicht.

Politisches Outing

Nach langem Schweigen bekannte sich die Sängerin 2018 zu ihrer politischen Gesinnung. Bei den Midtermwahlen outete sich Swift als Demokratin, als sie in ihrem Heimatbundesstaat Tennessee zur Wahl von Phil Bredesen aufrief. Ihr Engagement machte sich teilweise bezahlt, die Demokraten verloren zwar die Wahl im Bundesstaat, aber innerhalb von 24 Stunden nach ihrem Posting wurden laut „vote.org“ mehr als 51.300 Neuwähler registriert. Seither fordert sie besonders junge Leute auf, von ihrem Stimmrecht Gebrauch zu machen.

Bei den Präsidentschaftswahlen im November könnte Swift erneut Einfluss nehmen. „Ein sogenanntes ‚Endorsement‘ hat massive Auswirkungen. Gerade die entscheidenden Unabhängigen in den Swing States - also Wähler, die weder als Demokraten noch als Republikaner registriert sind - lassen sich traditionell davon beeinflussen“, sagt die Politikwissenschaftlerin Andrea Römmele, Politikwissenschaftlerin an der Hertie School in Berlin und derzeit Thomas-Mann-Fellow in Los Angeles

Seit ihrem politischen Outing hält sich Swift mit klaren Botschaften nicht mehr zurück. 2020 schrieb sie den Song „Only the Young“, der sich kritisch mit Themen wie Waffengewalt und der US-Politik auseinandersetzt. Die 34-Jährige ging sogar so weit, den Demokraten den Song kostenlos für Wahlwerbespots zur Verfügung zu stellen.

Politiker setzen auf prominente Unterstützer

Mit ihrem politischen Bekenntnis ist Swift nicht alleine. Bekannte Beispiele sind Oprah Winfrey, die Barack Obama unterstützte oder Frank Sinatra, der in den 40er Jahren für Franklin D. Roosevelt warb. In der politikwissenschaftlichen Forschung geht die Rolle von Prominenten als sogenannte „Meinungsführern“ auf die Forschung von Paul Lazarsfeld zurück, der nachwies, dass prominente Unterstützer die Wahlbeteiligung und die Zustimmungsraten erhöhen können. „In Zeiten von Social Media wird das Phänomen weiter zunehmen“, sagt Römmele. Europäische Beispiele gibt es auch schon: 2019 hat der deutsche YouTubers Rezo vor der Europawahl 2019 ein „Zerstörungsvideo veröffentlicht“, das der CDU einen Dämpfer verpasste. „Diese Reichweite in eine sonst weniger politisierte Zielgruppe ist nicht zu unterschätzen“, sagt Römmele.

Die Politikwissenschaftlerin Andrea Römmele
Die Politikwissenschaftlerin Andrea Römmele © privat

Swifts Erfolgsgeheimnis ist ihre Nahbarkeit, die ihr Gehör verschafft. Für viele ihrer jungen Fans ist eine Art „große Schwester“ zu der man aufblickt. „Bei meiner Fanbase fühlt es sich so an, als wären wir gemeinsam aufgewachsen. Mir passiert etwas, ich schreibe einen Song darüber und sie können sich damit identifizieren“, sagt Swift in ihrer Dokumentation „Miss Americana“.

Karriere zerstört

Dass eine politische Positionierung der Karriere auch schaden kann, zeigt das Beispiel der Dixie Chicks. Nach großen Erfolgen in den 1990er Jahren positionierte sich die Country-Band im Jahr 2003 als Gegner des Irak-Kriegs und dem damaligen Präsidenten George W. Bush. Frontfrau Natalie Maines sagte: „Wir schämen uns, dass der Präsident aus Texas kommt.“ Was folgte, war eine Welle des Protests und Hasses. Fans verbrannten CDs und wütende Amerikaner richteten Morddrohungen gegen die Gruppe. Bush wurde ein Jahr darauf wieder zum US-Präsidenten gewählt. Auch Swift bekommt nicht nur Zuspruch. Von den Republikanern wird sie dafür kritisiert. Der konservative Fernsehsender „Fox News“ unterstellte Swift eine Geheimagentin zu sein. Das Pentagon wies die Vorwürfe als absurd zurück.

Swift ist in den vergangenen Wochen nicht nur Thema im US-Wahlkampf gewesen, auch die EU möchte nun, dass die Musikerin Werbung für sie macht. Die 34-Jährige soll im Zuge ihrer anstehenden Europa-Tour die Leute zum Wählen animieren. Ob auch hier ihre Stimme gehört wird, wird sich weisen ...