Offen gesagt: „Wenn den Verlierern keine Umklammerung mehr hilft“, und „Trauer, Trost und trotzige Tränen“, 25. 11.
Die Bundespolitik hätte durchgeschlagen wie nie. Unfaires wurde bestraft. Der Landeshauptmann sieht sich als Bauernopfer. Die Verantwortung für das negative Abschneiden in der Steiermark wird von einem ÖVP-Landesrat und vom Landeshauptmann sofort und reflexartig auf die bundespolitischen Entscheidungen und nach Wien abgewälzt.
Auch einzelne SPÖ-Verantwortliche schlagen in Interviews in diese Kerbe und wälzen die Gründe für das bescheidene Abschneiden überall hin ab, nur nicht ins eigene politische Tun und Handeln. Eigene Fehler, Versäumnisse und Fehleinschätzungen im Umgang mit Bürgerinnen und Bürgern und deren Anliegen und Themen einzugestehen, scheint schwer zu sein.
Es beginnt in der kleinsten Zelle und der Landeshauptmann, so bemüht er für das Land und die Leute vermutlich war, so wenig hat er vermutlich diese und deren Sorgen und Anliegen verstanden.
Manuela Karoline Lenz, Deutschlandsberg
Besser zuhören
Es gibt Verlierer, denen es nicht möglich ist, einen Hauch von Verantwortung für eine erlittene Niederlage zu übernehmen. Der Noch-Landeshauptmann Drexler ist einer von ihnen. Es spricht für sich, wenn er sich bemüht, den Verlust von zehn Prozent an Wählerstimmen dem Agieren unseres Bundespräsidenten zuzuschreiben.
Van der Bellen hat Kickl nicht den Auftrag zur Regierungsbildung erteilt, da sich schon in den Sondierungsgesprächen klar herausgestellt hatte, dass Nehammer und Babler keine Koalition mit Kickl eingehen wollen bzw. werden. Es wäre somit nur unnötig Zeit für eine zweite (obsolete) Gesprächsrunde vergeudet worden. Das hat Van der Bellen vermieden. Ihm dies vorzuwerfen, finde ich (zumindest!) kurios.
Die Gründe für die Niederlage sind wohl eher darin zu sehen, dass aktuell die FPÖ mit ihren einfachen und populistischen „Lösungen“ bei einem Drittel der Bevölkerung gut ankommt, dass sich dieser Teil der Bevölkerung mit ihren Sorgen und Ängsten in erster Linie von der FPÖ ernst genommen fühlt und nicht von Drexler, der offenbar der Bevölkerung nicht gut genug zugehört hat.
Dr. Karl-Heinz Weber, Graz
Allgemeiner Trend
Dass die Freiheitlichen so gut liegen, überrascht nicht weiter, es ist momentan der allgemeine Trend. Aber dass die Volkspartei als traditionelle Landeshauptmann-Partei und mit dem Amtsbonus nicht stärker ist, verwundert doch einigermaßen. Wohin gehen in der Kultur- und Universitätsstadt Graz die vielen Stimmen der Bürgerlichen? Hier fehlt es offenbar an personellem Angebot. Und was macht die Bürgermeister-Partei am Land nicht richtig?
Aber auch die Grünen in Graz und die Sozialdemokratie in der Obersteiermark haben schon bessere Zeiten erlebt. Und was kann die FPÖ besser, außer Stimmung zu machen? Vielleicht könnten ja VP und SP nach der Wahl wieder den Wirtschafts- und Hochschulstandort stärken, um neben weiß-grüner Rhetorik das Land auch wieder in harten Zahlen nach vorne zu bringen. Dafür würde auch personelle Erneuerung allen Parteien guttun.
Andreas Kresbach, Wien
Gesundheitspolitik
Drexler macht es sich zu einfach, wenn er die Schuld für die katastrophale Niederlage auf die Bundesebene schiebt. In seiner Zeit als Gesundheitslandesrat und Landeshauptmann wurden die Weichen für das Versagen des Gesundheitswesens in der Steiermark gelegt. Dabei geht es nicht einmal so sehr um das Zusammenlegen von Spitälern, sondern um den Zusammenbruch der Grundversorgung, die kaum mehr über die Akutmedizin hinausreicht. Dafür hat er die Rechnung gestellt bekommen.
Werner Janisch, Graz
Wählerwanderung
Vergleich des Ergebnisses mit der Landtagswahl 2024 mit der von 2015: SP: 21,4 - 29,3 = - 7,9 %, VP: 26,8 - 28,5 = - 1,7 %, FP: 34,8 - 26,7 = + 8,1 %, Grüne: 6,2 - 6,3 = - 0,1 %, Neos: 5,9 - 2,6 = + 3,3 %. Besonders fällt auf, dass der Verlust der VP keineswegs exorbitant ist! Das Wahlergebnis von 2019 war dem Hype um Kurz zu verdanken, den Schützenhöfer für sich ausnutzen konnte. Der Zuwachs der FP ist etwa gleich dem Verlust bei der SP. Das ist die eigentliche Wählerwanderung.
Rudolf Greimel, Wörschachwald
Vorhersehbar
Weil sich unsere beiden Landesväter Drexler und Lang schon längere Zeit vor der Wahl vehement gegen einen Volksentscheid aus dem größten Bezirk der Steiermark entschieden haben, dürfen sie sich nicht wundern, wenn das von allen Steirern nicht goutiert wird. Den Bürgern dort ist das Hemd halt doch näher mit ihren bestehenden Krankenhäusern, als ein in die grüne Wiese ohne vorhandene Infrastruktur gesetztes millionenschweres Zentralspital, dessen Millionen sicher in den bestehenden Krankenhäusern auch eine gute Möglichkeit zur Aufbesserung der Qualität dieser beigetragen hätten.
Dass gleichzeitig mit der dritten Autobahnspur im Süden der Steiermark wiederum wertvolles Agrarland auf ewige Zeiten zubetoniert werden soll, entspricht in Zeiten wie diesen auch nicht dem letzten Stand der Philosophie, wo man sicher weiß, dass mehr Straßen wiederum mehr Autos dort fördern und somit dem Individualverkehr Tür und Tor öffnen, anstatt den öffentlichen Verkehr mit diesen Millionen weiter auszubauen.
Somit meine ich zumindest, zwei gewichtige Gründe des Wahlausgangs angesprochen zu haben, was letztlich gesehen mit einem offeneren Ohr am Volk bzw. am Zeitgeist verhinderbar gewesen wäre.
Toni Koch, Rassach
Innehalten
Wien war ja immer schon schuld, wenn es in der Steiermark nicht richtig läuft. Ich kann mir gut vorstellen, in welch schwieriger Ausnahmesituation sich die vom politischen Keulenschlag schwer getroffenen Personen am Wahlabend befinden; solche „Analysen“ sind der Bevölkerung und den Wähler:innen aber dennoch nicht zumutbar. Mein Vorschlag für künftige Wahlabende: Eine Stunde Abkühlphase nach der ersten Hochrechnung, innehalten und nachdenken.
Manfred Rinner, Fladnitz
Grund für Wahlausgang
Die ÖVP war die gesamte letzte Legislaturperiode mit den Grünen im Bund, die nur Schulden und Chaos hinterlassen haben, den Wählerwillen nach den letzten Wahlen nicht ernst genommen haben, ein Bundespräsident, der plötzlich eine andere Einstellung zur Verfassung und zur (Nicht-)Vergabe eines dementsprechenden Koalitionsverhandlungsauftrages an die FPÖ hatte, ein Kanzler, der sich persönlich nur selbst retten möchte und den die ÖVP mutmaßlich nicht besonders interessiert.
Alexander Eisel, Graz
Verantwortung
Hut ab vor der Reaktion von Anton Lang auf die Niederlage der SPÖ bei der Landtagswahl in der Steiermark. Während sich die Herren Drexler und Schützenhöfer darin übertreffen, die Ursachen für das katastrophale Abschneiden der ÖVP bei allen anderen, in erster Linie im Übergehen der Regierungsbildung der FPÖ durch den Bundespräsidenten, nur nicht bei sich zu finden, übernimmt Lang die volle Verantwortung für das Wahlergebnis. Meiner Meinung nach ist die fehlende Bereitschaft, Verantwortung für sein Handeln zu übernehmen und in trotziger Weise zu Fehlentscheidungen zu stehen, bei vielen Politikern sehr ausgeprägt.
Sieglinde Cemernek, Leoben