Leserbriefe zu „Trumps Triumph bestätigt Kickl“ 7. 11.
Ein Narzisst und Selbstdarsteller mit autokratischen Zügen, der Politik als Show versteht und eine entfesselte Anhängerschaft bis zum Äußersten führt (siehe Sturm auf das Kapitol), wird 47. US-Präsident. Das Ergebnis der Wahl liegt im Trend – weltweit gewinnen in westlichen Demokratien extrem nationalistische Parteien und Kandidaten als Antwort auf die globalen Probleme! Das wirft Fragen auf: Wählen die Menschen nur noch aus Emotion ohne rationale Überlegung? Warum möchten so viele an einfache Lösungen für komplizierte Probleme glauben? Fehlen den Demokratien die Demokraten? (Die Folgen dieser Entwicklung haben sich vor rund 100 Jahren leidvoll gezeigt)
Ich hoffe, dass der Albtraum nur vier Jahre dauert und die Kontrolle durch den Kongress funktioniert. Sonst heißt es wohl „Gute Nacht, Europa, gute Nacht, Welt“. Ernst Leitner, St. Paul
Populistische Blender
Stellen wir uns einmal vor, wir würden „Die EU zuerst” denken, wir würden alles tun, damit Europa zu alter Stärke zurückkehren würde. Stellen wir uns vor, wir würden härter arbeiten, auf Freizeit verzichten, um Konzerne zu stärken oder anzulocken. Stellen wir uns vor, die EU würde die Rüstungsindustrie, die Wirtschaft, die Wissenschaft und die Forschung so hoch fördern wie die Landwirtschaft. Stellen wir uns vor, die EU würde massenhaft Internierungslager bauen, damit keine Geflüchteten mehr unsere Sozialsysteme „unterwandern“ könnten. Stellen wir uns vor, wir hätten ein so schlechtes Gesundheitssystem, wie es in den USA üblich ist.
Es entsetzt, dass so viele der weißen Christen lieber einen „pussy grabber“ als eine Frau gewählt haben. Stellen wir uns vor, Ursula von der Leyen wäre ein Mann, genauso brutal, unberechenbar und so gefährlich wie Trump. Wer von uns möchte von Trump oder seinen Nachahmern, den populistischen Blendern innerhalb der EU, regiert werden? Elisabeth Hofer, Maria Saal
Richtiger Weg?
In seiner Antrittsrede 1801 äußerte sich Thomas Jefferson, dritter US-Präsident und einer der Gründerväter und Verfasser der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, dahingehend, dass der Wille der Mehrheit zwar stets obsiegen solle, dieser Wille aber, um rechtmäßig zu sein, auch vernünftig sein müsse. Nun kann man über vernünftiges oder unvernünftiges Wahlverhalten der Menschen durchaus geteilter Meinung sein. Trump jedoch hat es geschafft, durch konsequente Lügen und Radikalisierung der Sprache diese beiden Methoden nicht nur schrittweise zu normalisieren, sondern auch die Vernunft außer Kraft zu setzen, indem er das amerikanische Wahlvolk in eine Lage versetzte, nicht mehr zwischen Wahrheit und Lüge unterscheiden zu können. Wer diesen Unterschied nicht mehr benennen kann, ist orientierungslos und kann auch keine vernünftigen Entscheidungen treffen.
Was hat die amerikanische Wahl für Europa und unser Land zu bedeuten? Was ist die Lehre für die Rechtspopulisten? Sind sie jetzt nicht bestärkt darin, dass sie augenscheinlich auf dem richtigen Weg sind? Ich denke, dass wir diesbezüglich infolge der Richtungsweisung durch Donald Trump aus den Vereinigten Staaten noch einiges erwarten können.
Dr. Peter Lang, Graz
Alarmierend
„Die Geschichte lehrt uns, dass uns die Geschichte nichts lehrt“ – sehr eindringliche Worte von Mahatma Gandhi. Sie verdeutlichen, dass die Lehren, die die Menschheit aus der Geschichte zieht, mit der Zeit leider verblassen. Diese Erkenntnis ist heute besonders relevant, da die Zeitzeugen der Auswirkungen des Populismus während des Zweiten Weltkriegs immer weniger werden. Die Jüngeren unter uns wachsen in einer Welt auf, in der diese Zeitzeugen verstummen und nicht mehr in persönlichen Geschichten und emotionalem Bezug vermitteln können, wie populistisches Denken zu einer Spaltung der Gesellschaft führt. In solch einer Gesellschaft ist ein vernünftiger Dialog kaum noch möglich.
Es ist alarmierend, zu beobachten, wie populistische Strömungen in der heutigen Zeit an Fahrt aufnehmen und einen Keil zwischen die Menschen treiben. Wir sollten nicht zulassen, dass uns die Geschichte nichts lehrt. Vielmehr sollten wir die Jugend sensibilisieren, sich mit aller Kraft mit den Lehren der Vergangenheit auseinanderzusetzen, um auch zukünftige Generationen davor zu bewahren, die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen. Alexander Felfernig, Klagenfurt
Respekt füreinander
Traurig, aber leider eine Tatsache: Je lauter und ordinärer Politiker sprechen und ihre Gegner beschimpfen, desto mehr werden sie gewählt. Irgendetwas läuft schief in dieser Welt, da es nicht nur in den USA so ist. Für die Zukunft wünsche ich mir, dass der Respekt füreinander, das Gespräch miteinander wieder mehr in den Vordergrund rückt. Die Hoffnung stirbt zuletzt, heißt es – hoffentlich. Ulrike Toscana, St. Barbara