Leserbriefe zu „Der Zweite soll wieder der Erste werden“, 23. 10.

Jetzt hat es also Bundespräsident Van der Bellen tatsächlich getan und gewagt, nicht dem Vorsitzenden der stimmenstärksten Partei, Herbert Kickl, sondern Karl Nehammer als Zweitplatziertem den Regierungsauftrag erteilt. Vorausgegangen waren Gespräche zwischen den Parteien, bei denen bestätigt wurde, was schon vor der Wahl klar war. Die einen könnten vielleicht mit der FPÖ, aber nicht mit Kickl, die anderen können generell nicht mit der FPÖ. Daran hätte auch ein Regierungsauftrag an Kickl nichts geändert und Van der Bellen entschied sich für die Abkürzung einer zu erwarteten längeren Wegstrecke bis zur Bildung einer handlungsfähigen neuen Regierung.

Sicherlich hätten die Vertreter von ÖVP und SPÖ, die diese Entscheidung kritisieren, Kickl trotz Regierungsauftrags gerne scheitern gesehen, um ihm die Möglichkeit zu nehmen, den Benachteiligten und Übergangenen zu mimen. Den Wählern der FPÖ wiederum wurde die Genugtuung vorenthalten, ihre erstmals stimmenstärkste Partei in der Rolle des Hauptakteurs zu sehen, unabhängig von der zu erwartenden Unerfüllbarkeit des Auftrags. Davon abgesehen kann Kickl weiterhin versuchen, unter eventueller Ausschaltung Karl Nehammers weiter der ÖVP Lockangeboten für das Zustandekommen einer Koalition zu machen und kündigt auch schon die weitere Verfolgung dieser Stoßrichtung an.

Wozu die Aufregung? Van der Bellen agierte nach den Gesetzen der Logik und Rationalität. Aber für beides scheint in unserer Gesellschaft schon länger kein Platz mehr zu sein. Dr. Peter Lang, Graz

Opposition

Einen Fehler machte Van der Bellen, indem er Kickl nicht mit der Regierungsbildung beauftragte! Circa 30 Prozent wollen das laut Wahl. Warum geht man wählen? Van der Bellen ist für mich nicht tragbar! Jetzt wird Kickl unangenehmer in Opposition sein! Auch bei den kommenden Wahlen wird die FPÖ Stimmen gewinnen!
Franz Pinter, Dechantskirchen

Im Hintergrund

Wenn Herbert Kickl davon überzeugt ist, dass er mit seinen Ideen Österreich und damit das „Volk“ vor dem Untergang retten kann – warum denkt er nicht an dieses große Ganze, macht den Weg für eine FPÖ-Regierungsbeteiligung frei und zieht im Hintergrund die Fäden? Erltrud Kirchmayer, Dobl-Zwaring

Schaler Nachgeschmack

Sehr geehrter Herr Amtsinhaber in der Hofburg, Sie verunmöglichen es, selbst dem besten Lehrer für politische Bildung, diesen eigenartigen Auftrag zur Regierungsbildung, unserem Nachwuchs zu erklären.

Abgesehen vom Nichtverständnis bleibt hier ein äußerst schaler Nachgeschmack zum Thema Amtsinhaber und unparteiisch im sogenannten „Volk“. Peter Zadkovic, Graz

Es geht so weiter

Ich frage mich, warum wir noch zur Wahl gehen sollen? Es geht gleich bescheiden weiter. Bei Volksabstimmungen ist es dasselbe, die Mehrheit ist dagegen. Und die Politik macht, was sie will! Marie Böck, Söding-St. Johann

Absolute Mehrheit?

Eines muss allen klar sein, wenn die neue Regierung nicht harmonisch zusammenarbeitet und dadurch nichts weiterbringt, gibt es bei den nächsten Wahlen (eventuell früher als geplant) eine Partei, welche sogar mit der absoluten Mehrheit rechnen kann. Gerald Neuhold, Weiz

Unter einen Hut bringen

Bundespräsident Van der Bellen erteilt den Regierungsbildungsauftrag Karl Nehmer. Ich freue mich schon auf die Neuwahlen, denn ich glaube nicht, dass alle Parteien ihre Interessen unter einen Hut bringen werden, sodass eine Regierung zustande kommen wird. 

Wenn doch, dann haben alle drei (das werden sie wohl werden) Parteien, die in Zukunft regieren werden, viele ihrer Wahlversprechen gebrochen. Unglaubwürdig waren sie jetzt schon, aber dann ganz besonders, was sich auf das Wahlergebnis bei Neuwahlen sicherlich massiv auswirken wird. Hannes Loos, Purkersdorf

Die richtige Wahl

Ich freue mich – ungeachtet aller (berechtigter) Kritik an den beiden „Altparteien‘“ – über zwei Dinge, nämlich, dass Van der Bellen die richtige Wahl getroffen hat, sowie ich bei den Bundespräsidentenwahlen 2016 und 2022 die richtige Wahl getroffen habe. Denn genau dafür habe ich ihn gewählt. Dr. Robert Wiesler, Graz