Leserbriefe zu „Viel Taktik und eine Rekordmarke“, 17. 10

Vorangehende Sondierungsgespräche, sachliche Inhalte, konstruktive Lösungen, gemeinsame Ziele: Das wünschen sich die Wähler und Wählerinnen. Ewige endlose Befindlichkeitsstreitereien und Neuwahlen sind keine Lösungsansätze! Es muss bald konstruktiv gearbeitet werden, einen Stillstand können wir uns wirtschaftlich nämlich nicht mehr leisten! Die ewigen Teuerungen bei Mieten, andauernde Diesel- und Benzinpreiserhöhungen und Lebensmittelteuerungen ärgern jeden Österreicher.

Herr Bundespräsident, bitte sorgen Sie kraft Ihres Amtes und der Verfassung dafür, dass Österreich bald eine tragbare und arbeitende Regierung bekommt, denn als erster Mann im Staat sind Sie in der Pflicht, für diese zu sorgen!
Angelika Geller, Deutschfeistritz

Unzufriedenheit

In den Bundesländern Oberösterreich, Niederösterreich und Salzburg ist die FPÖ ein Teil der Landesregierungen und Vorarlberg könnte der nächste Kandidat dieser schwarz-blauen Koalitionszusammenstellung werden. Warum also funktioniert das nicht im Bund? Es liegt nicht an der Abneigung gegen die FPÖ, es liegt vielfach an der Abneigung gegen die absurden und demokratiegefährdenden Aktionen des vormaligen Innenministers Kickl. Dennoch konnte dieses Mal die FPÖ stimmenstärkste Partei werden. Meinungsforscher haben als Hauptgrund die wachsende Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der letzten Regierung geortet, und das trifft auch zu.

Die ÖVP verlor wegen der einseitigen Sicht eines notwendig zunehmenden Wirtschaftswachstums ohne Rücksicht auf den zunehmenden Schwund der Kaufkraft vieler Bürger. Die Grünen verloren nach ihrem Aufschwung von 2019 durch die wenig erfüllten Hoffnungen nach einer Greta-Thunberg-Welt. Letzten Endes wurden die vergangenen Leistungen der Regierung weniger goutiert, als die Sorge um die Zukunft und das eigene Wohlergehen im Vordergrund stehen.

Allerdings könnte es auch innerhalb der FPÖ Ungemach geben. Die von Kickl verursachten verbalen Verletzungen sind zu tief und werden niemals ganz verheilen. Das wissen auch seine Parteigenossen und werden sich überlegen, ob es so weitergehen soll. Im Wahlkampf wurde Kickl ein Schafspelz übergeworfen, den er aber jetzt wieder abwirft. Wenn also Kickl keine Regierungskoalition zustande bringt, wird er um sein eigenes politisches Überleben kämpfen müssen.
Ing. Ernst Pokorny, Traun

Wie geht es weiter?

Kickl, Trump & Co. sind ein weiterer wesentlicher gesellschaftlicher Faktor in unserer immer komplexer und dynamischer werdenden Zivilisation. Kein Mensch und auch keine Institution auf dieser Erde beherrscht heute noch das gesellschaftliche Gesamtsystem; natürlich auch nicht die Populisten mit ihrer stark vereinfachten Weltsicht und ihren vereinfachenden Patentrezepten.

Technologisches Wissen, Weltverbesserer und verstaubte Patentrezepte oder Dogmen haben wir bereits mehr als genug. Vonnöten wäre tatsächlich eine Renaissance der klassischen gesellschaftskritischen Aufklärungsbewegung – die in der islamischen Welt weitgehend gefehlt hat. Dazu auch wieder die Einführung einer breiten humanistischen Bildung, zumindest gleichwertig neben der technokratischen Faktenvermittlung in einem immer länger werdenden Sozialisationsprozess. Auch Medien und Verleger wären gefordert.

Glückliche und zufriedene Menschen neigen nicht zu Revolutionen und Gewalt; diese Einsicht etwa der englischsprachigen Aufklärungsbewegung ist bei Teilen unseres Establishments leider wieder in Vergessenheit geraten.
Dr. Johannes Hofer, Kindberg

Glaubwürdigkeit

Die SPÖ wäre jetzt gut beraten, in Opposition zu gehen und nicht der Steigbügelhalter der ÖVP zu sein, damit Karl Nehammer sein Ziel als Bundeskanzler umsetzen kann. Die hohe Verschuldung des Staates durch Corona, wo die ÖVP und die Grünen als Regierungsparteien das Geld für einige wenige beim Fenster hinausgeschmissen haben, müsste dann die SPÖ mitverantworten, wenn sie sich an der künftigen Regierung beteiligt. Die SPÖ sollte die nächsten Jahre dazu nützen, die Partei so aufzustellen, dass sie wieder bei den arbeitenden Menschen glaubwürdig wird. Dann hat sie auch wieder einen Anspruch, eine Regierung anzuführen!
Walter Pferschy, Kirchberg

Im Interesse des Landes

Der Staat befindet sich in einer vielfachen Krise: einer Budgetkrise, einer Schuldenkrise, einer Wirtschafts- und Industriekrise, einer Beschäftigungs- und Arbeitsplatzkrise, einer Verarmungskrise, einer Zuwanderungskrise, einer Krise des Schul- und Gesundheitswesens, ... Das heißt, es bräuchte dringend und baldigst eine handlungsfähige und handlungsaktive Regierung. Derzeit aber haben wir nur eine Verwalterregierung, eine Regierung, die Reformen gar nicht angehen kann, die nur die bestehende Krisensituation verwalten kann, die nicht einmal ein Budget erstellen kann. Kann man es verantworten, dass diese Situation über Wochen oder gar Monate andauert?

Jetzt wird von einer Dreierkoalition zwischen ÖVP, SPÖ und Neos gesprochen. Auf welchen gemeinsamen Nenner die kommen könnten, ist aber niemandem recht klar. Unterschiedlicher könnten Zukunftsansagen nicht sein. Eine Einigung, wenn überhaupt, kann dauern. Aber so viel Zeit haben wir nicht!

Was sollte/müsste also der Bundespräsident im Interesse des Landes und der Bürger tun? Statt entgegenzuarbeiten, müsste er eine Koalition zwischen FPÖ und ÖVP im Interesse des Landes sogar nachdrücklich fordern. Da müssten andere Interessen hintanstehen!
Peter F. Lang, Wien