Leserbriefe zum Leitartikel „Es gibt einen Fortschritt“, 16. 10.

Was für die sozialen Medien „Likes“ sind, ist für den ORF die Einschaltquote. Lassen sich hohe Einschaltquoten (entspricht höherem Werbepotenzial) mit dem Bildungsauftrag in Einklang bringen? Der Astrologie einen Sendeplatz zu widmen, ist sicher eine Frage der Einnahmensteigerung und nicht eine, um die Bildung zu fördern. Die Astrologie glaubt ja, mit Konstellationen der Himmelsgestirne unter anderem Zukunftsfragen deuten zu können. Das macht sie ziemlich geschickt. Was der Einzelne daraus macht, ist seine persönliche Sache. Damit hält sie sich die Sterndeuterin mehr oder weniger schadlos.

Die Sterne haben immer eine große Bedeutung gehabt. Die Erforschung der Planeten und des Universums wurde jedoch erst in der Neuzeit wissenschaftlich betrieben. Die Astrologie hielt aber ihre Stellung. Von einigen politisch bedeutenden Personen der Geschichte (Wallenstein, Reagan, …) weiß man, dass Astrologen als Berater fungieren konnten. Die Astrologie ist ein Aberglaube mit Unterhaltungswert. Sie hat sicher dazu beigetragen, dass sich heute auch Esoterik und Energetik etablieren konnten.

Man sollte sich jedoch schon klar im Klaren sein, dass Pseudowissenschaftler sich zwar immer wieder mit physikalischen Begriffen verständlich machen wollen, ohne jedoch die geringste Ahnung davon zu haben, was diese bedeuten und wo man sie anwendet. Der ORF hätte nun mit dem Thema der Astrologie eine Riesenchance, eine vernünftige und unterhaltsame Sendereihe mit entsprechender Erweiterung in Richtung Astronomie aufzustellen. Dem Bildungsauftrag würde es nicht schaden!
DI Dr. Herbert Wiederschwinger, Wien

Lässliche Sünde

Danke für den interessanten Leitartikel. Ein Kommentar drängt sich mir auf: Wie schön wäre es gewesen, wenn Ihr Text gelautet hätte: „Die fröhlichen Pseudowissenschaften Astrologie und Religion (sind sie frei nach Popper falsifizierbar?) sind seit Hunderten Jahren eine lässliche Sünde, die von einer Vernunftgesellschaft toleriert wird. Im besten Fall harmlose Unterhaltung, schlimmstenfalls ein übler (...)“.
Peter de Bruin, Mittertrixen

Pseudowissenschaft

Liebes ORF-Team, ich war überrascht, zu sehen, dass die Sendung „Blick in die Sterne - Die Astro Show“ im öffentlich-rechtlichen Rundfunk einen festen Platz bekommt. In Zeiten, in denen Fehlinformationen über soziale Medien stark zugenommen haben, erscheint es mir äußerst fragwürdig, ob Astrologie im ORF eine passende Plattform findet.

Als Physiklehrer ist es meine Aufgabe, den Schülerinnen und Schülern wissenschaftlich fundiertes Wissen zu vermitteln, und ich halte es für wichtig, dass auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk sich immer an diesen Standards orientiert. Themen wie Astronomie und Atomphysik, die wir im Unterricht behandeln, stehen im Widerspruch zu pseudowissenschaftlichen Inhalten wie der Astrologie. Ich hoffe, dass Ihr ORF-Team dies überdenkt und die Sendung aus dem Programm streicht.
Emanuel Höller, Miesenbach

Im Notfall umschalten

Soso, nach der Homöopathie ist jetzt die Astrologie dran. Eine Unterhaltungssendung im ORF führt zum präsumtiven Untergang des Abendlandes, wird doch das geneigte Publikum auf falsche und dunkle Pfade verführt. Metaphorische Fackelzüge formieren sich, um die Höhle der Heiden auszuräuchern. Die Qualität der Sendung sei hier außer Acht gelassen, auch der Umstand, dass Kartenlegen und Astrologie zwei Paar Schuhe sind. Was verblüfft, ist der Eifer der hehren Wissenschaftsvertreter, dieser erinnert ein wenig an düstere Zeiten, als mutmaßliche Hexen mit dem Leben bezahlten, da sie (kirchen)amtlich bestätigt mit dunklen Mächten im Bunde waren.

Liebe Wissenschaftler, seid doch froh, dass ihr als Protagonisten der verifizierbaren und lichten Wahrheitssuche entsprechende Antagonisten habt, welche die Weltwahrnehmung divers angehen. Vergesst die Nebelgranaten der täglichen Zeitungshoroskope, haltet für möglich, dass sich manch große Geister in die Thematik erstaunt und interessiert vertieft haben, so auch weiland Goethe und Jung.

Wo kämt ihr denn hin, wenn ihr den antagonistischen Pol eliminieren könntet? Das wäre ohne Zweifel vergleichbar mit der Abschaffung des Teufels. Welche Daseinsberechtigung hätten Kirchen jeder Art, wenn es keinen verführenden Antagonisten gäbe, der den armen Seelen eine Wahlmöglichkeit bietet? Langer Rede, kurzer Sinn: Schuster, bleibt bei euren Leisten, verwechselt Kausalität nicht mit Synchronizität und drückt den Umschaltknopf der Fernbedienung, so euch eine Sendung nicht behagt.
Eduard Binder, Hart bei Graz