Leserbriefe zu „Warum die Jungen rechts abbiegen“, 1. 10.
Die Jugend, die nicht das Privileg hat, ein Gymnasium zu besuchen bzw. nicht in „besseren“ Wohngegenden aufwächst (also ein sehr großer Teil), wurde und wird von der Politik im Stich gelassen. Es ist also nicht verwunderlich, dass so viele den Verheißungen von Populisten Glauben schenken und nach rechts abdriften ...
Eleonore Bergmann, Graz
Richtige Kanäle
Als blinder Mensch, für den das Internet, wie für junge Menschen auch, längst zur primären Informationsquelle geworden ist, wundert mich der Erfolg der FPÖ unter jungen Menschen leider überhaupt nicht. Wieso? Die Wahlkämpfe vieler etablierter Parteien sind auf Pensionisten, Arbeiter und Unternehmer zugeschnitten. Die Jungen und deren Themen und Unsicherheiten (leistbares Wohnen, Bildung, Klimaschutz, Gesundheit, Digitalisierung, Inklusion, soziale Sicherheit) werden bis auf Migration kaum bzw. nicht lösungsorientiert behandelt.
Mit Klimaschutz allein gewinnt man auch keine Wahlen mehr. All diese Themen und weitere sind für junge Menschen maßgeschneidert in deren Ökosystem, dem Internet und auf Social Media, aufzubereiten. Ansonsten laufen sie früher oder später Populisten in die Arme, die die Reichweite des Internets längst verstanden haben. Freilich posten Politiker etablierter Parteien auch auf Social Media, die FPÖ macht das aber viel gezielter und werbewirksamer. Kaum ist man auf Youtube, sieht man schon Werbung der AfD und von fpoe.tv.
Freilich sind Politiker etablierter Parteien auch in zahlreichen Internetstreams zu Gast gewesen, aber ganz ehrlich: Kann ich in einem von den Generationen Y und Z dominierten Ökosystem nur von Pensionen, steuerlicher Entlastung und Ähnlichem reden? Nein, ebenso gut könnte ich im Stammlokal von Sturm Graz über die beste Zeit des GAK reden. Fazit: Mit den Themen der älteren Mehrheitsgesellschaft kann man als traditionelle Partei im Netz nicht landen, muss also die Jungen separat abholen und für deren Themen auch mehrheitsfähige Lösungen finden. Viel Zusatzarbeit, die aber notwendig ist, sofern man in zukünftigen Wahlen wie jener in der Steiermark bei Jungen punkten möchte.
Leider zeigt sich anhand dieser Tatsache auch erneut, dass wir die Digitalisierung und deren Auswirkungen gesellschaftspolitisch und bildungspolitisch verschlafen haben. Wenn also Mario Draghi im Draghi-Report sagt, die EU habe die Digitalisierung wirtschaftspolitisch verschlafen, sage ich: „Österreich ist diesbezüglich gesellschafts- und bildungspolitisch noch im Koma.“
Helmuth Schlögl, Graz
Politische Bildung
Als kritische Bürgerin möchte ich meine Enttäuschung über die heurigen ORF-Wahlduelle zum Ausdruck bringen. Was mich besonders stört, ist der ständige Fokus der Moderator*innen auf die Redezeit. Gerade in dieser herausfordernden Zeit, in der es viele komplexe politische und gesellschaftliche Themen zu diskutieren gilt, sollte der ORF viel mehr Raum bieten, um diese eingehender zu behandeln, anstatt lediglich auf Minuten und Sekunden zu pochen. Wie sollen Wähler*innen unter diesen Bedingungen komplexe Zusammenhänge verstehen, geschweige denn fundierte Entscheidungen treffen? Der Journalismus sollte hier eine Brücke zwischen Politik und Bürger*innen bauen, anstatt selbst zu einer bloßen Showbühne zu verkommen, auf der Schnelligkeit und pointierte Statements über inhaltliche Tiefe dominieren.
Es liegt auch in der Verantwortung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, politische Bildung zu fördern und gerade jüngeren Menschen die Gelegenheit zu geben, sich umfassend zu informieren. Wenn jedoch die Moderation darauf beschränkt wird, Zeitlimits zu überwachen, bleibt das Wesentliche auf der Strecke. Der ORF scheint nicht zu erkennen, dass er mit dieser Praxis seinen Beitrag zu einer oberflächlichen politischen Auseinandersetzung leistet, die auf Dauer mehr schadet als nützt. Ich hoffe, dass der Journalismus des ORF sich wieder vermehrt auf seine Rolle als Vermittler und Aufklärer besinnt und den notwendigen Raum für inhaltliche Tiefe und Vielfalt bietet.
Mag. Suleika Bergner, Maria Saal
Wohlstand ist Arbeit
Die Generation 60+ hat für die ÖVP mit 37 Prozent die Stellung gehalten. Diese war noch maßgeblich am Aufbau Österreichs beteiligt und weiß es auch zu schätzen, was es bedeutet, in einer Demokratie zu leben. Nunmehr fast 80 Jahre ohne Krieg, dadurch ging es mit unserem wunderschönen Land auch kontinuierlich nach oben. Presse- und Rundfunkfreiheit sind fixe Bestandteile unseres Daseins. Migration und Klimaschutz sind Themen, welche laufend zu evaluieren sind. Der Jugend wäre klarzumachen, dass unser Wohlstand nicht selbstverständlich, sondern dieser täglich hart zu erarbeiten ist. Augen und Ohren auf, weitere Wahlen folgen.
Franz Strasser, Graz
Wunsch nach Wechsel
Ja, warum wählen die Jungen rechts? Ganz einfach, weil die jungen Österreicher/innen jetzt besser informiert sind und selbständiger denken als frühere Generationen. Und weil sie das Beste für ihre Zukunft wollen. Bekämpfung der Teuerung steht da an erster Stelle, wo Schwarz-Grün völlig versagt hat.
In den Städten fühlen sie sich angesichts der zunehmenden Völkerwanderung auf Plätzen und in Lokalen bedrängt und oft belästigt. In der Pandemie wurden sie eingesperrt, was die meisten nicht vergessen haben. Und junge Unternehmer stöhnen unter der absurden Regulierungswut in Brüssel. Reicht das, um sich einen Wechsel zu wünschen?
Helmut Hofbauer, Gratwein-Straßengel
Wenig weitsichtig
Das Wahlergebnis zeigt ganz deutlich, wie wenig die Menschen in Österreich an einer nachhaltigen Klimapolitik interessiert sind. Die Naturkatastrophen sind kaum vorbei, scheinbar schon wieder vergessen. Die FPÖ, die Neid und Hass schürt, gewinnt die Wahl. „Wir müssen ja, vor allem, auf uns schauen, uns geht es ja so schlecht.“
Wir sind zu faul für nachhaltige Veränderungen. Unsere Kinder und Kindeskinder werden die Rechnung dafür bezahlen. Das sollten auch die Jungfamilien bedenken, die nur ihr Weiterkommen und ihren Wohlstand im Auge haben. Ebenso die Nichtwähler, denen es scheinbar egal ist, wie es in Österreich weitergeht.
Angela Suppan, St. Stefan