Leserbriefe zu „Es ist ein Albtraum“, 15. 9.
Thilo Sarrazin sagt das, was viele schon wissen. Nur die Politiker wollen es sich nicht eingestehen, dass sie mit ihrer Meinung nicht richtig liegen. Es wird nur gejammert wegen der FPÖ, doch gestärkt haben sie diese Partei durch ihr Unvermögen. Abgehobenheit wird halt bestraft, ob das richtig ist, sollen andere entscheiden. Aber die Schuld immer beim Wähler zu suchen, ist zu wenig. Alle Parteien sollten einmal hinterfragen, wieso die Bevölkerung sich abkehrt von der Politik, obwohl es uns gut geht und wir in einem wunderschönen Land leben. Klaus Hoffmann, Leoben
Keine Probleme?
Klare Worte – gesprochen von einem, der seit Jahren auf die Probleme bei der Zuwanderung von Menschen hinweist, deren Einstellungen und Lebensweisen sich doch sehr von unseren unterscheiden. Und der leider für diese offenen Worte immer wieder diskreditiert, angefeindet, ja sogar von seiner Partei ausgeschlossen wurde. Andersdenkende mundtot machen, indem man sie ins rechte Eck stellt oder gleich „Nazi“ schreit – ist das die Lösung aller Probleme? Zu behaupten, wir haben keine Probleme mit der Zuwanderung?
Der Zulauf zu den rechten Parteien sollte den Regierenden doch endlich zu denken geben – mit einem „Weiter wie bisher“ werden keine Wahlen gewonnen und unsere demokratischen Werte nicht verteidigt werden. Wir haben zwei Töchter im Teenageralter und wussten uns nicht anders zu helfen, als unser sauer verdientes Geld in Privatschulen zu stecken, damit sie wenigstens in ihrer jugendlichen Entwicklung neben einer vernünftigen Schulbildung Gleichberechtigung und Achtung seitens des männlichen Geschlechts erfahren und sich nicht in dieser wichtigen Wachstumsphase schon als „minderwertige“ Wesen fühlen müssen – wie die Rolle der Frau in den meisten muslimischen Milieus leider festgelegt ist. Wenn die düsteren Prognosen von Sarrazin zutreffen, werden sie sich spätestens als junge Erwachsene ohnehin damit konfrontiert sehen. Wahrlich traurige Aussichten für die nächste (weibliche) Generation. Mag. (FH) Petra Habian, Zeltweg
Aus der Praxis
Zunächst möchte ich betonen, dass es in der Tat Herausforderungen gibt, die wir nicht ignorieren sollten. Allerdings sind die Horrorvorstellungen von Klassen, die ausschließlich aus arabischen oder türkischen Kindern bestehen, nicht zutreffend. In der Realität finden wir Klassen mit einem hohen Migrationsanteil, in denen Kinder aus unterschiedlichsten Ländern vertreten sind – von arabischen und afrikanischen Ländern bis hin zu Deutschland, Spanien, Südamerika oder in bereits dritter Generation aus Bosnien, Kroatien oder Slowenien.
In meiner Erfahrung haben Kinder mit Lernschwierigkeiten, Beeinträchtigungen oder dem Bedarf an Schulassistenz in diesen Schulen oft einen besseren Platz als in sogenannten besseren Schulen. Dies liegt daran, dass an diesen Schulen eine höhere Toleranz herrscht und der Zugang zu Unterstützungssystemen leichter und direkter ist. Solche Problemstellungen betreffen österreichische Kinder übrigens genauso häufig wie Kinder aus anderen Ländern.
Die Probleme, die wir sehen, sind häufig nicht das Resultat von kulturellen Unterschieden, sondern vielmehr von Armut, Perspektivlosigkeit, Traumata und den Ängsten und Sorgen der Kinder und ihrer Eltern. Ich bin müde von undifferenzierten Darstellungen, die ein Bild zeichnen, als gäbe es nur die „guten“ ÖsterreicherInnen und die „schlimmen“ AraberInnen und TürkInnen, als wären das alle MigrantInnen, die bei uns leben. Die Faktenlage, auf die sich Sarrazin beruft, ist in der Realität wesentlich komplexer.
In meiner Arbeit habe ich festgestellt, dass auch Schulen in ländlichen Gebieten mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert sind, jedoch oft wesentlich verdeckter – sei es durch Gewalt in der Familie, Drogenprobleme oder Missbrauchsfälle, Homophobie oder Rassismus. Es ist an der Zeit, uns von der Vorstellung zu verabschieden, dass „bei uns“ alles in Ordnung ist und die Probleme „nur“ von außen kommen. Wenn es so einfach wäre, dass eine bestimmte Gruppe immer die Schuld trägt, wäre es leichter, zu helfen. Doch das ist nicht der Fall. Anna Hölzl, Graz
Europas Norden
Schwedens Migrationsministerin Maria Stenergard hat den Paradigmenwechsel in ihrem Land auf den Punkt gebracht: „Schweden hat aufgehört, ein Asyleinwanderungsland zu sein.“ Dort regiert nach den Wahlen 2022, wo die rechtsnationalen Schwedendemokraten zweitstärkste Kraft wurden, ein Bündnis von Moderaten, Christdemokraten und Liberalen. Auch die freiwillige Rückkehr von Einwandernden wird gefördert. Ausreisewillige Personen sollen rund 13.100 Euro erhalten.
Auch die sozialdemokratische Ministerpräsidentin von Dänemark, Mette Frederiksen, fährt einen sehr harten Kurs in der Migrationspolitik. Im Norden Europas ist ein Umdenken zum Thema Einwanderung voll im Gange oder schon vollzogen. Besonders bei uns und in Deutschland ist bei linken Parteien, wie den Sozialdemokraten und Grünen, eine Kurskorrektur nur sehr schwer durchzusetzen. Nur die Wählerinnen und Wähler können das ändern. Werner Stitz, Voitsberg
Kritischer Denker
Thilo Sarrazin ist für mich ein kritisch denkender Mensch, der auch den Islam von Kritik nicht ausnimmt. Der Ausschluss von Sarrazin aus der SPD ist für mich eine geistige Enge, die der Partei einen „gewissen“ Applaus bringt, aber viele Wähler kostet. Franz Fasching, Deutsch Goritz