Was Frauen beim Stillen in der Öffentlichkeit erleben“, 15. 8.

Wenn Stillen in der Öffentlichkeit, bei der die Brust ohnehin zum größten Teil bedeckt ist, als unangebracht empfunden wird, dann darf auch darüber diskutiert werden, ob nackte Männeroberkörper außerhalb der Schwimmbäder angemessen sind. Bekommen Männer auch Kommentare zu hören, wenn sie schweißtriefend „oben ohne“ durch die Stadt joggen oder auf der Baustelle arbeiten? Ganz zu schweigen von den „Straßenrandpinklern“. Also, wozu die Aufregung über die natürlichste Sache der Welt?
Bettina Ritter, Haselsdorfberg

Weitere Leserbriefe zum Thema

Unbehagen

Ich fand es gut und richtig, dass dieses Thema von Ihnen medial aufgegriffen und besprochen wurde, und wie nicht anders zu erwarten, haben die jungen Frauen vor allem zwei Aspekte in den Raum geführt. Ja, eine weibliche, stillende Brust wird so gut wie immer von Männern sexualisiert. Ich betrachte das als Fakt. Wenn Frauen darauf so reagieren, dass sie trotzig sagen „es sollte ihnen egal sein“, der zweite Aspekt, freue ich mich, wenn ihnen das gelingt. Tatsächlich aber spüren sie diese Blicke, diese Tabuüberschreitung der (nur alten, weißen?) Männer als etwas intersexuell Existentes, das definitiv über den Hunger ihres Babys hinausreicht, gestehen sich dies aber nur selten ein.

Und wir älteren Frauen, die diese Blicke der (unserer?) Männer beobachten, wissen – ganz ehrlich – die Situation sowieso einzuordnen. Daher kann ich die Reaktion der Restaurantbesitzer verstehen, die eine entspannte Atmosphäre zu schützen haben.

Eine stillende Mutter ist in der Öffentlichkeit ein semieriotisches Wesen, vor allem, wenn sie keine Vorkehrungen trifft, sich etwas mit dem Baby abzukehren oder das trinkende Baby samt Brust mit einem leichten Tuch zu verhüllen. Es geht nicht um ihre zu respektierende Schamgrenzen, sondern um die Schamgrenzen der Menschen in der Umgebung, die stillende Mütter – vielleicht ungeahnt – verletzen. Und diese äußert sich auch durch Anmache, übergriffige Kommentare und Schmähung. Unbehagen will ausgelebt sein, um nicht zu bohren. 
Mag. Helga Mitterhauser, Graz

Respekt vermitteln

Die Gesellschaft sollte sich dringend Gedanken über unsere Vorstellung von Moral machen. Stillende Mütter können ein Ärgernis sein? Pornografie im Internet – allzeit gegenwärtig – nicht? Und warum werden immer Frauenkörper sexualisiert? Von klein an sollte Kindern Respekt vor dem anderen Geschlecht vermittelt werden.

Es dürfen aber auch Frauen nicht von Männern dazu gezwungen werden sich zu verhüllen! Was ist das für eine verlogene Moral! Im Jahr 2024 führen wir noch immer – oder noch schlimmer, schon wieder – Debatten, die einzig und allein dem Fehlen jeglicher feministischer Politik geschuldet sind.
Elisabeth Schuster, Graz

Stillende Muttergottes

Ich, Jahrgang 1943, bin ein absoluter Verfechter des Stillens. Und es freut mich, dass Sie dieses Thema aufgegriffen haben. Wir haben drei Söhne und mein größtes Bestreben nach den Geburten war eine möglichst lange Stillzeit, weil ich der Meinung bin, dass das Stillen für jedes Neugeborene gesundheitliche Vorteile bringt.

Ich bin außerdem Diakon in Feldkirchen in Kärnten und führe auch Taufen durch. Bei einer Taufe begann der Täufling jämmerlich zu schreien. Was machte die Mutter, die ihn im Arm trug? Sie gab ihm die Brust! Während der Taufzeremonie! Ohne mit der Wimper zu zucken! Das gefiel nicht nur mir, sondern auch dem Kleinen – und Ruhe war. In unserer Pfarrkirche Maria im Dorn ist auf einem Seitenaltar die Muttergottes dargestellt, wie sie dem kleinen Jesus die Brust gibt. So etwas sieht man in Kirchen auch nicht so oft. Wir Feldkirchner sind ein bisserl stolz drauf, dass wir so eine Darstellung von Maria und Jesus haben.
Wolfgang Putzinger, Feldkirchen

Prüde Gesellschaft?

Es gibt im ethisch-moralischen Sinn keinen schöneren Anblick als den einer stillenden Frau, finde ich. Sie hat einem Kind das Leben geschenkt und gibt ihm nun das Wertvollste, was sie zu geben vermag – Muttermilch. Warum sollte sie das nicht auch im öffentlichen Raum tun dürfen, die Gesellschaft ist ja sonst nicht so prüde?
Mag. Gerhard Ressi, Leoben