Leserbrief zu Offen gesagt: „Kein Fall von Neid“, 4. 8.
Als Unternehmer in Österreich verfolge ich mit wachsendem Unmut, wie der Staat uns Bürger aussaugt, um seine Sozialleistungen zu finanzieren. Eine Großfamilie in Wien erhält monatlich 4.600 Euro netto, inklusive Mietbeihilfe, ohne arbeiten zu müssen. Währenddessen schuftet der Mittelstand, zahlt brav seine Steuern, und hat am Ende des Monats weniger übrig. Ich selbst arbeite weit über 40 Stunden die Woche und komme bei weitem nicht auf solch eine Summe.
Es ist bemerkenswert, dass weltweit kaum irgendwo die Steuern so hoch sind wie bei uns. Die Schweiz ist ebenfalls ein teures Land, doch dort bleibt den Menschen vom Brutto viel mehr Netto übrig. Das liegt nicht nur an einem effizienteren Steuersystem, sondern auch daran, dass dort mit gesundem Menschenverstand gewirtschaftet und Politik gemacht wird. In der Schweiz gibt es keine Berufspolitiker wie hier, die noch nie etwas anderes gemacht haben.
Ich bin frei von Neid, aber der gesunde Menschenverstand sagt mir, dass hier etwas schiefläuft. Die Situation ist absurd: Wir werden als Steuersünder gebrandmarkt, während in der Schweiz Steuerzahler als Kunden betrachtet werden. Der Unterschied könnte nicht deutlicher sein. Unser Steuersystem ist so aufgebaut, dass es den Fleißigen ausbeutet, während ein großer Teil nichts oder kaum etwas in den Steuertopf einzahlt. Dies führt zu einer Schieflage, die langfristig nicht tragbar ist. Meine Kinder, in ihren Zwanzigern, sehen ihre Zukunft düster. Die derzeitige Politik sichert ihnen keine Perspektive. Es ist höchste Zeit für einen Wandel, um eine vernünftige Zukunft für die kommenden Generationen zu sichern.
Alexander Knoll, Feldkirchen
Weitere Leserbriefe zum Thema
Teure Arbeit
4600 Euro für „die Hand aufhalten“, weil „es die Rechtslage hergibt“ ist in der Tat ein starkes Stück! Der eigentliche Skandal dahinter ist für mich aber, dass es der breiten Öffentlichkeit scheinbar völlig egal ist: Wie viel muss ein Arbeitgeber Monat für Monat erwirtschaften, damit er einem Arbeitnehmer ein Gehalt zahlen kann, damit für eben diesen die oben genannte Summe auf seinem Konto landet? Das ist nämlich fast das Vier(!)-Fache! Und genau diese monetäre Ineffizienz (= Erdrosselungssteuer) der unselbstständigen Arbeit kann und will sich bereits weltweit keiner mehr leisten – nicht nur deshalb wird rundum Personal abgebaut – ob rechtzeitig oder über eine Insolvenz ist da zweitrangig. Wir Arbeitnehmer müssen endlich die Lohnsteuer loswerden – gänzlich; hier gilt es schnellstens Nägel mit Köpfen zu machen und nicht wegen ein paar Euro brutto das alljährliche KV-Theater spielen!
Herwig Rieger, Graz
Keine echte Hilfe
Lieber Herr Patterer, vielen Dank für Ihren Beitrag, Sie haben richtig formuliert, ohne in Polemik zu verfallen. Echte Hilfe sieht anders aus. So können sie sich nie wirklich integrieren. Von Arbeit und Selbstständigkeit gar nicht zu sprechen. Mir ist natürlich schon klar: Einige Parteien und NGOs haben nur ihre eigenen Interessen im Kopf. Hier müsste der Staat vernünftig eingreifen.
Renate Leiner, Graz
Reformwille nötig
Danke für Ihre unmissverständlich klaren Worte. Das zu Kreiskys Zeiten eingeführte Sozialsystem war damals ohne Zweifel eine große Hilfe für kinderreiche Familien, auch meine Geschwister und ich hätten diese tollen Ausbildungsmöglichkeiten ohne Stipendien nicht gehabt. Mein Vater (Sohn einer Flüchtlingsfamilie) war Leiter des Lohnbüros im Bergbau Fohnsdorf und hat die Härten der Grubenkumpel mehrere Male zu spüren bekommen, wenn er den Monatslohn zur Hälfte der Ehefrau und nicht dem trink- und spielfreudigen Vater von Kindern ausbezahlt hat.
Als Kreisky wahlwerbend im Arbeiterheim der roten Hochburg „Geschichten“ auftischte, hatte mein Vater dieses mit den Worten „diese Lügen höre ich mir nicht länger an“ verlassen, obwohl er dadurch mit Repressalien zu rechnen hatte. Mein mutiger, unglaublich sozial handelnder Familienmensch wird mir ewig ein Vorbild bleiben.
Ich wünsche uns allen, dass die Politiker endlich nicht nur Reformwillen bekunden, sondern wirklich reformiermutig sind, bevor wir einen Wahlwahnsinn erleiden.
Ulrike-Riggi Hinterleitner, Graz
Hartherzig
Was für eine hartherzige Gesellschaft sind wir doch geworden? Da flüchten Menschen vor dem Krieg, erleben unsagbares Leid und nehmen unvorstellbare Mühen auf sich, um sich und ihre Lieben in Sicherheit zu bringen. Dann, nach vielen Jahren, finden sie in einer großen Stadt endlich eine Bleibe. Arbeiten dürfen sie nicht oder bekommen keine Arbeit, aber es gibt Sozialunterstützung. Endlich sind die Anträge durch, ein bisschen versteht man Deutsch, man findet auch Unterschlupf und Hilfe bei anderen Geflohenen aus der Heimat. Entwurzelt und traumatisiert versucht man, im schönen Österreich eine neue Heimat aufzubauen. Für sich und die Kinder.
Die sollen einmal Österreicher:innen werden, hier die Schule, die Ausbildung machen und dann arbeiten, Steuern zahlen. Man versucht, eine bessere Wohnung zu bekommen, hat schließlich sieben Kinder, die versorgt werden müssen. Dann passiert es: Ein Gratisblatt, sagen wir „Morgen“ schnappt auf, dass diese Familie völlig zu Recht 4600 Euro Sozialunterstützung und Mietbeihilfe bekommt und macht einen Skandal daraus. Die Familie wird beschuldigt, Geld zu „kassieren“, nicht an der Armutsgrenze zu leben und nicht arbeiten zu wollen. Der Volkszorn kocht hoch. Politiker:innen beteuern, Vergleiche werden gezogen, Berechnungen angestellt, Fragen aufgeworfen.
Die Dame, die in der Nähe in einem schönen Haus wohnt, hat übrigens drei Kinder großgezogen, hat nie gearbeitet, sich aber für ein „Vollzeitmutter-Gehalt“ starkgemacht. Jetzt hat sie eine Superpension, denn ihr Mann hat sie in seiner Firma halt „so“ immer angemeldet und „mitlaufen“ lassen. Dafür vergaß ihr Mann, viele seiner Arbeiter korrekt anzumelden. Wie viel da an Steuergeld verloren ging, scheint niemanden zu interessieren. Was sind wir doch für eine verwöhnte und hartherzige Gesellschaft geworden.
Mag. Ulrike Drescher, Graz
Nichts bemerkt?
Dem Kommentar von Hubert Patterer ist nichts hinzuzufügen. Was mich erstaunt, ist die Tatsache, dass diese Zustände nicht längst öffentlich geworden sind. Dass ein Wohnungsvermieter diese Ungereimtheiten aufzeigen muss? Wo war hier der Rechnungshof? Dieser hat unlängst die angeblich unzureichende Dokumentation beim Einsatz von Spritzmitteln in der Landwirtschaft bemängelt. Das hat mich sehr gewundert, denn ich hätte für dieses Fachthema das Landwirtschafts- bzw. Gesundheitsministerium für zuständig gehalten, zumal es nicht um öffentliche Gelder geht. Wenn jedes Bundesland Sozialhilfen nach eigenem Gutdünken verteilen kann, würde ich mir vom Rechnungshof bei gröberen Verwerfungen erwarten, dass die Bevölkerung darüber informiert wird. Um die Dokumentation des Einsatzes von Spritzmitteln könnten sich jene sorgen, die dafür zuständig sind.
Urban Prugger, St. Johann am Tauern
Schlaraffenland?
Ja, es ist hoch an der Zeit, unser Solidarsystem zu überdenken und zu reformieren. Österreich ist offenbar weltweit als Schlaraffenland für Flüchtlinge bekannt. Vor einigen Jahren hat in Kabul ein Taxifahrer seinem österreichischen Fahrgast gesagt: „Oh, Austria is that country where you get 1000 Dollar the month for doing nothing“. Und hatte damit leider recht.
DI Gottfried Zechner, Graz
Warn-SMS
September 2021: Auf Dienstreise in der 5200-Einwohner-Gemeinde Rucăr in den rumänischen Karpaten bekomme ich eine Warn-SMS auf mein Handy: In der Nähe ist eine Bärin mit zwei Jungen unterwegs, zwei Tage später nochmals eine ähnliche SMS. Wenn es in Rumänien möglich ist, ortsgenau SMS an sämtliche Handys im Sendebereich zu schicken, könnte man eigentlich glauben, dass sich das 2024 auch in Österreich umsetzen lassen sollte.
Dagmar Karisch-Gierer, Frohnleiten
Alexander Knoll, Feldkirchen