Leserbrief zu „Im Labyrinth der digitalen Welt“, 24. 7.
Das Thema traf meinen Nerv, direkt und haarscharf! Ein Beispiel, genau dazu: Eigentlich wollte ich kürzlich in Villach ein Konzert besuchen. Nun, für mich als IT-Analphabetin war es nicht zugänglich, denn ich kann mit Online-Ticket-Plattformen rein gar nichts anfangen. Zufällig erfuhr ich in einem Gespräch, dass es in Trafiken die Möglichkeit gebe, über diese Online-Plattform ein Ticket „zu kaufen“. Nun, in zwei Trafiken war es nicht möglich und in der dritten erklärte mir eine freundliche Verkäuferin resigniert, dass es bei ihnen seit drei Wochen keinen Zugang zu genau dieser Plattform gebe. So, nun schmierte ich mir halt das Konzert, das ich gerne begeistert besucht hätte, in die Haare.
Apps und ich, und dieses ganze Trallala, werden auch weiterhin keine Freundinnen werden, ganz zu schweigen von irgendwelchen IT-Amtszugängen. Ich ziehe daraus den Schluss: Das analoge Leben ist ein ausgelaufenes Modell, so wie ich als IT-Analphabetin. Schluss mit Lustig oder Ähnlichem!
Veronika Kapeller, Villach
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Soziales Problem
Die Debatte über Digitalisierung versus „analoges Leben“ wird zumeist dahingehend geführt, die alten Menschen kämen mit den Folgen der Digitalisierung nicht zurecht, wären folglich benachteiligt – nur deshalb sollten analoge Angebote bestehen bleiben.
Ausgeblendet wird, dass es Menschen gibt, die sich ganz bewusst der zunehmenden Digitalisierung entziehen wollen, sei es, weil sie nicht transparent sein wollen wie ein „gläserner Mensch“, nicht mit diversen Nachrichten ungefragt beliefert werden wollen, nur weil sie da oder dort ihre (Mail-)Adresse hinterlegt haben, und nicht zuletzt auch wegen der steigenden Kriminalität im digitalen Bereich, die Medien zufolge ausufert, bzw. der vielen Pannen, mit denen wir gerade in letzter Zeit konfrontiert waren.
Zu wenig diskutiert werden auch die Folgen von Digitalisierung und neuen Medien bei Kindern und Jugendlichen, wo Experten und Suchtberater bereits vor neuen Abhängigkeiten warnen.
Auch wenn die Digitalisierung viele Vorteile mit sich bringt, sollten die Nachteile nicht aus den Augen verloren werden, so auch die Kosten: Ohne relativ neues Handy und Computer sowie Internetzugang geht nämlich gar nichts. So gesehen wird die Digitalisierung auch zum sozialen Problem.
Dr. Stefanie Vavti, Klagenfurt
Unfinanzierbar?
Wie wahr, für die meisten der Alten und Älteren ist die totale digitale Welt ein beängstigender Ort. Keiner konnte dies treffender analysieren als kürzlich Egyd Gstättner in seiner Kolumne in gleicher Gazette. Die Republik, so Gstättner, diskriminiere und terrorisiere Millionen unbescholtener Bürgerinnen und Bürger! Und, so Gstättner, man mache sie als „Online-Aussätzige“ sozialtot.
Ist es tatsächlich unfinanzierbar, weiterhin für Millionen Alte und Ältere „Analog“ anzubieten? Aber wir sind eine große Lobby! Wählen wir nur jene Politik, die uns weiterhin am Leben teilhaben lässt. Die SPÖ hat sich in unserem Sinn geäußert, und Pensionistenvertreter Kostelka müht sich redlich. Von den Grünen und Neos haben wir Ältere nichts zu erwarten! Die ÖVP muss sich noch eindeutig zu Wort melden. Nach jahrzehntelanger Arbeit und Mühe lässt man uns Alte „links“ liegen. Eine menschliche und moralische Verkommenheit!
Rudolf Prill, Köttmannsdorf
Recht einfordern
Egyd Gstättners Gastkommentar hat vielen älteren Menschen aus der Seele gesprochen, und die Titelgeschichte vom 24. Juli zeigt mir, dass Generationenprobleme in der digitalen Welt sehr wohl ein diskussionswürdiges Thema sind! Einem Bericht der Statistik Austria war im Vorjahr zu entnehmen, dass rund einem Drittel der Bevölkerung in Österreich digitale Grundkompetenzen fehlen. Bei sogenannten „Nicht-Erwerbspersonen“ wie etwa Pensionisten und Hausfrauen lag diese Grundkompetenz nur bei 39 Prozent. Wer weder in seiner/ihrer Schulzeit noch im Berufsleben mit der neuen Technik in Berührung kam, kann den sicheren Umgang mit ihr noch erlernen. Das gelingt jedoch nur jenen Menschen, die noch Enkerl im Haus haben, oder die noch motiviert und mobil genug sind, um Bildungsangebote außer Haus wahrzunehmen. Wie die Situation in ländlichen Regionen aussieht, davon haben großstädtische Entscheidungsträger kaum eine Ahnung.
Drüberfahren ist angesagt. Dagegen gilt es sich zu wehren und immer lauter das Recht auf einen analogen Lebensabend einzufordern!
Dr. Erwin Holzer, Mürzzuschlag
Es betrifft noch mehr
Ich bin 80, noch komme ich mit, aber auch nur deswegen, weil ich vor 20 Jahren EDV unterrichtete. Mein Bruder ist 90, wenn er mich nicht hätte, wäre er vollkommen aufgeschmissen. Die Diskriminierung ab einem gewissen Alter betrifft auch andere Gebiete. Zum Beispiel hat man mir meine Unfallversicherung im Alter von 70 Jahren gekündigt. Ich fahre noch Ski, Rad und surfe. Ich habe eine andere Lösung finden müssen, bin einem Skiclub beigetreten, um eine ÖSV-Versicherung zu bekommen. Mietautos kann man nach dem 75 Lebensjahr nicht mehr bekommen. Auch Kredite, trotz Sicherstellungen, werden ab einem gewissen Alter verwehrt. Da gäbe es sicher noch viele Beispiele. Die Seniorenvertreter verschiedener Parteien protestieren gegen diese Missstände, aber es hilft nicht viel. Vielleicht sollte man sich an die Volksanwaltschaft wenden.
Roswitha Schindler, Wien
Digitale Knechtschaft
Die „digitale Versklavung“ im Namen des Fortschritts bedeutet für die Alten nichts Gutes. „Help Desks“, „IDAustria-Kennung“, usw. erleben sie als Hürden und Kostensenkungsprogramm der Republik. Virtuell vernetzt, leibhaftig vereinsamt, gleitet die Menschheit bedrohlich in die digitale Knechtschaft.
Alfons Kohlbacher, Seiersberg-Pirka
Veronika Kapeller, Villach