Leserbrief zu LA „Französischer Schwelbrand“, „Frankreich droht politische Totalblockade“, 9. 7.
Bei Wahlen geht es letztlich nicht um Ideen (das entspricht nur der Werbung), sondern um die Verteilung der Macht. Wir haben uns als Gesellschaft darauf geeinigt, dass die Menschen im Land über die Machtverteilung in der gesetzgebenden Körperschaft entscheiden. Über nichts anderes entscheiden wir.
Wieso fällt es denen, die das Wort „Demokratie“ wie eine Monstranz vor sich hertragen, so schwer, das zu akzeptieren?
Natürlich ist es nicht angenehm, Macht zu verlieren. Aber man kann nicht jahrzehntelang gegen den Willen der Menschen im Land regieren, die sich zwingend daraus ergebende Spaltung der Opposition vorwerfen und sich darüber wundern, dass die Menschen „ras-le-bol“ - die Nase voll haben, wie Herr Jungwirth schreibt. Die etablierten Parteien konnten sich entscheiden, ob sie Fürsten sein wollen (gestalten), oder Verwalter im Sinne des Volkes. Sie sind den Verlockungen der Macht erlegen und haben wie Fürsten den Menschen vorgeschrieben, wie sie zu leben haben. Dafür, und nur dafür, bekommen sie jetzt die Rechnung. Heinrich Moser,
Treffen am Ossiachersee
Weitere Leserbriefe zum Thema
Linksbündnis
In Frankreich gab es bei der letzten Wahl ein Linksbündnis. So etwas Dummes hat es, glaube ich, noch nie gegeben. Was ist das für eine Demokratie? Man kann nur hoffen, dass es sowas in Österreich nie geben wird.
Erich Frühbauer, Trofaiach
Beruhigendes Ergebnis?
Bezugnehmend auf das Ergebnis der zweiten Wahlrunde der französischen Parlamentswahlen und die mit dem Ausgang einhergehende allgemeine „Erleichterung“ stellt sich mir die Frage, was an diesem Ergebnis so beruhigend sein soll? Statt den Rechten haben halt die Linken gewonnen und wird mit dem Sieg der Labour Party in Großbritannien jetzt alles für alle besser?
Ich erinnere an die Ausschreitungen am Abend der ersten Wahlrunde und danach und frage mich weiters, warum das Suffix „-radikale“ immer gerne nach „Rechts-“, jedoch kaum nach „Links-“ verwendet wird?
Klaus Waldbauer, Graz
Vertrauen untergraben
Die Wahlerfolge der Linken in Großbritannien (Labour) und in Frankreich (Vereinigtes Linksbündnis) werden von den linken (rote, grüne, liberale) Parteien in der EU gefeiert! Allerdings sind diese Erfolge hauptsächlich einem Verhältnis-Wahlsystem geschuldet, denn die Labour in Großbritannien erreichte zwar ganz klar die absolute Mehrheit, doch nur 34 Prozent der Stimmen! Das wird meist ebenso verschwiegen wie auch die Tatsache, dass in Frankreich ja nur deswegen die Vereinigte Linke die relative Mehrheit bekam, da Präsident Macrons Partei und die Linken sich in den Departements gegenseitig insofern unterstützten, indem sie die aussichtsreicheren Kandidaten empfahlen und forcierten!
Ein Beispiel: Die siegreichen Vereinigten Linken bekamen circa sieben Millionen Stimmen, die unterlegene Front National von Le Pen aber circa zehn Millionen Stimmen! Das wirft natürlich auch die Frage einer Legitimation auf und könnte das Vertrauen in die Demokratie Frankreichs weiter untergraben! Manfred Waldner, Fulpmes
Brandmauer
Die eilig zusammengewürfelte Brandmauer „gegen Rechts“ hat noch gar nicht begonnen zu arbeiten, schon beginnen heftige Auseinandersetzungen. Jean-Luc Mélenchon fordert die Führungsposition ein, die ihm seine „Partner“ nicht geben wollen. Unbeugsam, fanatisch, mit antisemitischen Rülpsern und Verständnis für Diktatoren wie Castro und Chávez. Er legt ein Regierungsprogramm vor, dass das Land endgültig in den Ruin führen wird!
Und Marine Le Pen? Sie hat es ausschließlich auf die Präsidentenwahl 2027 abgesehen. Jetzt kann sie sich bequem im Fauteuil zurücklehnen, und die beginnende Zerfleischung dieser „Brandmauer“ beobachten. Ach ja, 80 Prozent der französischen Bevölkerung lehnen Mélenchon rigoros ab. Also ein „Pyrrhussieg“ der „Brandmauer“? Sieht so aus. Rudolf Prill, Köttmanssdorf
Spaltpilze
Jetzt schießen sie ins Kraut, die Spaltpilze in verschiedenen Ländern der Europäischen Union. In Frankreich lehrte Marine Le Pen Emmanuel Macron das Fürchten. Warum hat das französische Staatsoberhaupt so überstürzt zum Urnengang aufgerufen? Die Zeichen tendieren in alarmierendem Maße in Richtung „Halali“ auf das Friedensprojekt Europäische Union! Die Institution hat den Mitgliedsländern nach dem Ende des Warschauer Paktes speziell für die baltischen Staaten, Polen, Rumänien und Ungarn eine lange währende Friedensperiode gebracht. Deutschland ist wieder ein geeintes Land ohne Grenzen. Hoppla, das stimmt nicht ganz. Ausgerechnet in den „neuen Bundesländern“ erhält die am äußerst rechten Rand angesiedelte AfD starken Zulauf.
Vor einigen Tagen bekam Ungarn mit seinem Russland-lastigen und chinafreundlichen Viktor Orbán turnusmäßig den sechsmonatigen Ratsvorsitz zugesprochen. Einige Tage zuvor wurde zwischen Andrej Babiš, Herbert Kickl und Viktor Orbán bei einer Pressekonferenz mit Brief und Siegel ein „Bündnis“ geschlossen. Flankiert wurde das Trio von unserem „wackeren Kämpfer“ in der EU, Harald Vilimsky. Ist das nicht toll? Die prorussische Phalanx par excellence. Putin wirds freuen. Orbán eilte in die Ukraine zu Selenskyj, um ihm mitzuteilen, er sollte einlenken und den Weg zu Friedensverhandlungen (natürlich nach Putins Vorstellungen) freimachen. Orbáns negative Einstellung zu Nato-Waffenlieferungen braucht nicht betont zu werden. Die Befürchtung liegt bei den noch mehrheitlichen EU-Befürwortern nahe, dass in Zukunft die Lichter in einem freien Europa ausgehen, sollten die Spaltpilze endgültig überhandnehmen.
Herbert Tischhardt, Leoben
Machtgier
Trotz aller Verschiedenheiten haben sich die anderen Parteien gegen Le Pen gestemmt. Das Ergebnis: nur Dritte! Obwohl es jetzt nicht leicht sein wird bei der Regierungsbildung – das wäre in Österreich sicher nicht möglich. Aus lauter Machtgier studieren einige sicher schon Goethes Faust, mit „Heinrich, mir graut vor dir“.
Daniela Pollhammer, Spielberg
Heinrich Moser, Treffen am Ossiachersee