Leserbrief zu „Fast ein Klimakollaps für die Koalition“ und Leitartikel: „Wildwest-Klimaschutz“, 18. 6.

Leonore Gewessler hat sich bereits vor ihrer Zustimmung zum Renaturierungsgesetz juristische Beratung eingeholt. Das ist doch traurig, wenn man bedenkt: Als Umweltministerin ist das ihr Job. Doch längst nicht alle sind dieser Meinung. Die Europaministerin und der Bundeskanzler überschlagen sich mit Drohungen. Sogar Klagsdrohungen wurden ausgesprochen. Warum? Weil die zuständige Ministerin ihre Verantwortung wahrnimmt und für ein europaweites Gesetz stimmt, das vorsieht, „eine langfristige Nachhaltigkeit und Widerstandsfähigkeit unserer Lebensmittelsysteme sicherzustellen“.

Ich habe großen Respekt vor einer Ministerin, die trotz massiver Drohungen des Koalitionspartners ihrem Gewissen folgt und im Sinne künftiger Generationen handelt. Ich frage mich eher bei den Reaktionen von Edtstadler und Nehammer: Haben die von den Katastrophen in den letzten Tagen wieder nichts gelernt? Und: Dürfens denn das?
Erika Beaudin-Gansl, Gratwein-Straßengel

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80 Prozent dafür

Mit großem Interesse habe ich die Diskussion zwischen Schwarz und Grün im Fernsehen verfolgt. Obwohl ohne Parteizugehörigkeit, gebe ich Ministerin Gewessler inhaltlich recht. Sie ist ihrem Gewissen und den daraus resultierenden Forderungen glaubwürdig gefolgt. Kanzler Nehammer hingegen hat schwere Geschütze aufgefahren – von Klage über Amtsmissbrauch. Nur, wie will er das anstellen? Unter dem Vorwand, dass die Koalition bestehen bleibt, kein Spiel der freien Kräfte anzustreben, ist eines, das andere ist eine Ministerinnenklage. Kanzler Nehammer und die ÖVP werden sich bei 80 Prozent Zustimmung der Bevölkerung zum Renaturierungsgesetz noch wundern! Helga Hinger, Leoben

Zum Wohle des Landes

Die ÖVP spricht von einem Vergehen gegen die Verfassung und liegt damit grundfalsch. Der Eid auf die Verfassung verlangt, zum Wohle des Landes und der Bevölkerung zu handeln, und genau das haben Sie getan. Mit der „Ministerklage“ zeigt die ÖVP, wofür sie steht, nämlich für die Beton- und Agrarindustrie und nicht für eine „naturnahe Landwirtschaft“. Ing. Werner Snobe, Lieboch

Ernst der Lage

Danke, Frau Gewessler, dass Sie dem Renaturierungsgesetz zugestimmt haben. Sie haben den Ernst der Lage schon längst erkannt, die ÖVP bis heute noch nicht. Wie erfüllen wir sonst die vorgegebenen Klimaziele? Will die ÖVP gescheiter als die Wissenschaftler sein?

Argument der ÖVP: die Wirtschaft! Dazu will ich nur sagen: Mit kaputter Umwelt und Natur kann man auch die Wirtschaft vergessen. Die ÖVP bezeichnet sich mit Überzeugung als staatstragende Partei, ist das wirklich so? Peter Eisenberger, Graz

Inkonsequent

Mit ihrer Zustimmung zum EU-Renaturierungsgesetz gegen den Willen der Länder und der weiteren zuständigen Minister hat Gewessler nicht nur den Vorwurf von Machtmissbrauch auf sich gezogen, sondern auch ein beachtliches Maß an Inkonsequenz bewiesen. Wie kann man zugleich teilweise überzogene und weltfremde Vorschriften für Renaturierungsmaßnahmen vorschreiben wollen und auf der anderen Seite massiv die Errichtung von zahlreichen Windrädern auf Bergkämmen einfordern? Die dafür erforderlichen Errichtungen von extrem befestigten Zufahrtsstraßen für den Transport von tonnenschweren Teilen durch unberührte Natur ist das genaue Gegenteil von Renaturierung.

Leonore Gewessler zeigt damit einmal mehr ihr wahres Gesicht. Richtig ist, was ihr gerade in den Kram passt. Ganz nach dem Motto: „Was kümmert mich die Verfassung, was kümmern mich Widersprüche und was kümmert mich Verlässlichkeit?“ Ist das die Politik, die wir wollen? Dr. Günther Pacher, Spittal

Lebensgrundlage

Endlich ein „Ja“! Das Gesetz als ein zentraler Bestandteil des Green Deals ist endlich durch und ich bin Gewessler so dankbar, dass sie im Sinne der Bevölkerung (laut einer Umfrage sprechen sich 82 Prozent der österreichischen Bevölkerung für eine Zustimmung aus), gehandelt hat. Sie hat meinen vollsten Respekt, trotz der nun drohenden Verfahren gegen sie, für eine lebenswerte Zukunft abgestimmt zu haben.

Durch das Gesetz haben die vielfältigen Ökosysteme in unserem schönen Europa die Chance, nach und nach aufzuatmen – und so auch wohlbemerkt weiterhin unsere Lebensgrundlagen zu sichern. Benedicta Opis, Graz

Sarkastisch

Unser Kanzler hat recht, Österreich hat für die Renaturierung genug getan: Jedes Hochwasser, jede Rutschung, jede Lawine ist Renaturierung! Willi Seewald, Fresing

Ein Anfang

Nur so geht es: mit einer entsprechenden Vorlage, dass endlich etwas beginnen kann. Maximilian Riedl, Leoben

Folklore?

ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker meint, über das Verhalten von Ministerin Gewessler sei zu richten. Doch große Frage im Hintergrund scheint doch vielmehr zu sein: Wenn eine große Mehrheit der Bevölkerung für Renaturierung, Verbesserung und Schutz unserer Natur zu sein scheint, warum stimmen die Bundesländer dann gegen diese Mehrheit? Erneut, finde ich, sollten wir uns fragen, warum wir uns neun Bundesländerpolitiker leisten, wenn das nur der Folklore dient.
MMag. DDr. Julian Wenninger, MA, Graz

Gefährlich für Partner?

Als Märtyrerin taugt Gewessler nicht. Die Grünen hat niemand treffender als der Wiener Univ.-Prof. Lothar Höbelt bezeichnet: Eine Koalition unter Beteiligung der Grünen nennt er einen „Gruß des Todes“ für den jeweiligen Partner: die ÖVP in Österreich, die SPD und FDP in Deutschland. Merk’s dir, SPÖ! Rudolf Prill, Köttmannsdorf