Ist das Engelhorn-Projekt eine ‚Schattendemokratie‘?“, 26. 4.

An der Absicht der Millionen-Erbin Marlene Engelhorn, 25 Millionen zu verteilen, ist Kritik aufgetaucht, wie sie so einen Geldsegen nicht zu schätzen wisse und auf die Idee kommen könne, eine Vermögens- und Erbschaftssteuer zu verlangen. Vermutlich von einem Großteil derer, die von einer Millionärssteuer betroffen wären.

Dass die durch eine „Erbschaft ohne eigene Leistung“ reich gewordene Studentin mit der Forderung einer gerechten Besteuerung Politik macht, sehe ich nicht als Schattendemokratie, sondern als Lichtblick für eine echte, sozial und ökologisch gerechte Demokratie. Ich würde sie auch als Vorbild-Demokratin bezeichnen, die sich ihren Lebensunterhalt nach ihrem Studium durch Arbeitsleistung verdienen und nicht bequem von ihrer Erbschaft leben will.

Im Gegensatz dazu sollten sich jene, die trotz hoher Einkommen und Profite nicht genug bekommen können, und jene Politiker, die hauptsächlich im Interesse einer reichen Minderheit die Rahmenbedingungen schaffen, begreifen, dass sie einen Schatten auf die Demokratie werfen. Anscheinend fürchten sie schon, dass Engelhorn und ihre Gleichgesinnten den besseren Weg der Demokratie vorleben. 
Karl Semmler, Bad Blumau

Weitere Leserbriefe zum Thema

Vernünftiges Maß

Engelhorn zeigt offen moralisches Gewissen. Sie spricht über ungerechtfertigtes Geld (so ein Frevel!) und fordert zu Recht dessen stärkere Besteuerung. Und weil sie selbst zu den Reichen zählt, kann sie das tun, ohne sofort mit der „Neid-Debatte“ abgetan zu werden. Sie hält den „Reichen“ den Spiegel vor und ebenso unserer Regierung bzw. unserem Steuersystem, das „Geld verdienen“ bestraft und „Geld bekommen“ begünstigt.

Ich vergönne jedem einen angenehmen Wohlstand. Aber alles, was ein vernünftiges Maß überschreitet, ist sinnlos und dient nur der Angeberei und einem durchaus kritisch zu sehenden Machtaufbau. Jeder sollte durch faire Arbeit (und nicht durch soziale Umverteilung) zu Wohlstand kommen können. Wir benötigen dringendst ein Umdenken in diesem Turbo-Kapitalismus. Nicht Geld sollte als Maß für den Erfolg eines Menschen gesehen werden, sondern dessen Wertschöpfung, der Beitrag für die Gesellschaft. Geldgier, Machtgier und brutaler Egoismus sind die Eckpfeiler, die unsere Welt systematisch ruinieren.
Horst Poleschinski, Graz

Positive Veränderung

Man bedenke, dass die größte Belohnung im Geben und die tiefste Erfüllung im Helfen liegt. Die Art und Weise, wie man hilft, mag unterschiedlich sein, doch die Essenz des Wohlwollens bleibt in jeder Handlung gleich. So gesehen mag die Spendenabsicht von Engelhorn im Lichte der Aufmerksamkeit stehen, aber die Wirkung der Hilfe bliebe denjenigen, die davon profitieren könnten. Die Beurteilung, ob richtig oder falsch, wäre sohin subjektiv und hinge wesentlich von den Werten, Überzeugungen und Erwartungen der Einzelnen ab. Das bloße Spenden in der Öffentlichkeit macht Frau Engelhorn weder zu einer Inkompetenten oder Unwissenden noch zu einer Populistin. Philanthropische Tätigkeiten, beispielsweise im Zusammenhang mit Engelhorns Engagement, könnten somit als eine Antwort auf den Individualismus gesehen werden. Sie tragen jedenfalls dazu bei, positive Veränderungen in der Gesellschaft zu bewirken und drängende Probleme anzugehen.
Friederike Koller, Kainbach

Wichtiger Beitrag

Frau Engelhorn wird aus meiner Sicht wie eine einfältige Göre für ihren tollen gesellschaftlichen Einsatz kritisiert. Wie viele Vermögende benötigen mediale Präsenz, wenn sie im Rahmen von Charity-Veranstaltungen 100 oder 500 Euro spenden. Und trotzdem ist es ein Beitrag für Menschen am Rand unserer Gesellschaft. Sind wir nicht arm im Denken in unseren goldenen Zeiten geworden?
Ing. Alois Ulrich, St. Anna am Aigen