Leserbrief zu „Verzweifelte Eltern nach Absagen für Betreuungsplatz“, 10. 4.
Als wären seit meinem ersten Kind nicht 40 Jahre vergangen! Dieselben Schlagzeilen, dieselbe Verzweiflung. Dieselbe Ratlosigkeit ob der mangelnden Kinderbetreuung. Wie vor vier Jahrzehnten sind Eltern, die sich – selbstverständlich qualitativ hochwertige– Betreuungsplätze für ihre Kinder wünschen, auf sich alleine oder auf die Oma angewiesen. Gemeinden erheben Wartelisten für ihre Kindergärten. Mit dem neuen Schuljahr werden die Wartelisten wieder auf null gestellt. Neu ist: Anträge müssen immer wieder neu und online eingebracht werden. Das verpflichtende Kindergartenjahr füllt Kindergärten mit Einzelkindern, die in Rekordzeit auf die Einschulung vorbereitet werden sollen.
Leider ist Österreich ein trauriger Vorreiter in Sachen Chancengleichheit und Gleichberechtigung. Gut ausgebildete Frauen stolpern über ein Wunschkind in den Gender-Pay-Gap, in die Teilzeitfalle, in die Altersarmut. Der Staat verzweifelt daran sicher nicht. Während Manager-Boni weiter steigen und Frau Engelhorn als Luxusproblem dargestellt wird, schreitet die Ausbeutung der Gratis-Arbeitskraft von Frauen munter voran. Die Entscheidung für oder gegen Familie ist zum österreichischen Intelligenztest avanciert. Eva Surma (verein-freiraum), Leibnitz
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Gute Alternative
Der Mangel an Betreuungsplätzen in der Steiermark zeigt auf, wie wichtig es ist, auch Tagesmütter-/Tagesväterplätze auszubauen, um den Bedarf an Kinderbetreuung zu decken. Auch in Bezug auf die Wechselwünsche, die nicht erfüllt werden können, wären Tagesmütter, die oft in Wohnsiedlungen wohnen, und so das Angebot an Betreuungsplätzen erhöhen, vorteilhaft. Mittlerweile gibt es Bezirke in Graz, die gar keine Angebote für Tagesmütter mehr haben, obwohl der Zuzug von Familien in diesen Bezirken rasant steigt. Der Beruf der Tagesmutter bzw. des Tagesvaters sollte insgesamt attraktiver gemacht werden, indem Dienstgeber mögliche Unsicherheiten im Beruf abfedern. Für Kinder sind das häusliche Umfeld und die kleinen Gruppen, die bei Tagesmüttern vorherrschen, hilfreich, um sich umfassend und liebevoll betreut zu fühlen.
Doris Glößl (Kinderbüro – Lobby für Menschen bis 14), Graz
Gemeinsame Zeit
Warum werden Mütter nicht gefördert, damit sie noch ein Jahr länger bei den Kindern bleiben dürfen, anstatt zu arbeiten? Warum spricht niemand an, wie viel Stress es für besonders kleine Kinder bedeuten kann, von der Mama oder der Bezugsperson weg zu müssen und in unruhige große Kindergruppen gesteckt zu werden? Was spricht dagegen, den Müttern das Geld zu geben, anstatt Betreuungseinrichtungen zu bauen? Warum wird man als Mutter, wenn man den sofortigen Wiedereinstieg in den Beruf nicht vollzieht, als faul abgestempelt? Eltern und Kinder (auch Jugendliche) landen heutzutage immer öfter im Burnout.
Jeden Sommer wird diskutiert, dass die Ferien zu lange dauern – was soll man bloß mit den Kindern tun? Wohin mit ihnen, wenn alle Elternteile arbeiten gehen? Und wozu haben wir dann Kinder? Damit sie später unsere Pension zahlen oder weil wir sie gerne um uns haben? Sie werden schneller groß, als man denkt. Zunehmend wird mir klar, wie schön es meine Kinder hatten. Nur zwei bzw. drei Jahre und nur vormittags im Kindergarten und dann zu Hause. Vielleicht hat man nicht so viel Geld, aber was ist mehr wert? Ich glaube, die Zeit. Elisabeth Wild, Passail
Eva Surma (verein-freiraum), Leibnitz