Leserbrief zum Leitartikel „Die Folgen der Verweigerung“, 6. 4.

Es ist einfach makaber und grotesk: Erst zerstört die Menschheit so vieles, dann repariert sie oder versucht das Kaputte wieder in den Urzustand zu versetzen. Das Ungewöhnliche kann man aber nicht mehr ins Normale versetzen. Die allergrößte Gefahr für den Menschen ist und bleibt der Mensch.
Renate Schenk, St. Radegund

Weitere Leserbriefe zum Thema

Niemand schuld?

Wenn jetzt sogar in der Steiermark schon Anfang April 30 Grad gemessen wurden und das die höchste jemals um diese Zeit gemessene Temperatur ist, dann müssten eigentlich die Alarmglocken läuten, denn wenn das so weitergeht, ist es eigentlich nur noch eine Frage der Zeit, bis es hier bei uns zu vermehrten Trockenheiten sowie durch Abschmelzen des Eises rund um Nord- und Südpol zum Ansteigen aller Meeresspiegel und dadurch zu bleibenden Überschwemmungen aller Küsten der Welt mit allen ihren (Millionen-)Städten kommt!

Wir müssten daher dringend alles, was wir zur Erderwärmung aktiv beitragen, also vor allem Industrie und Straßenverkehr so rasch wie möglich reduzieren. Das hat natürlich auch seinen Preis, aber wenn wir hier weiterhin nichts tun und dadurch bald alle Meeresküsten unter Wasser stehen, ist daran wohl wieder einmal niemand schuld?
Dr. Kurt Stoschitzky, Gleisdorf

Die Stopptaste drücken

Gerade zeigt sich der Frühling mit all seiner Pracht. Einfach zum Staunen. Was mich eher zum Nachdenken bringt, ist unser seit Jahrzehnten angestrebtes Wirtschaftswachstum … dieses Credo darf offenbar nicht durchbrochen werden, sobald ein kleines Minus droht, wird sofort negativ darüber berichtet. Wird unser Wohlstand wirklich zusammenbrechen, wenn wir diesen Ruf nach mehr und nochmals mehr beenden?

In den letzten Monaten sind mir Bilder von Bergen noch essbarer Lebensmittel in Plastikverpackung, die in Müllpressen zermahlen werden, und Tonnen von Billigmode, die in Afrika vergraben werden, in Erinnerung. Wo sind industriell Verantwortliche und Wirtschaftsfachleute, die von selbst die Stopptaste drücken? Es kann ja nicht nur naives Denken sein, von verantwortungsvollen Wirtschaftskreisläufen zu träumen.

Der Frühling lässt im Überfluss wachsen, aber Umweltverschmutzung und Ausbeutung aus maßloser Gier bringt er nicht. Wir bräuchten Jahreszeiten auch in der Wirtschaft, wo weniger und Ruhezeiten einfach dazugehören, bevor es wieder mehr gibt. Angelika Rupp, Wundschuh

Keine Ausreden mehr

Bei uns wird der Klimaschutz von vielen zu wenig ernst genommen, von Klimaleugnern sogar als Bevormundung von oben empfunden, werden Grüne und NGOs als Panikmacher hingestellt und die Klimakleber verteufelt, wenn sie darauf aufmerksam machen, dass diese jungen Menschen ihre Zukunft zerstört sehen, wenn für den Klimaschutz nicht bald wirksame Maßnahmen ergriffen werden. Während längst hingenommen wird, dass in täglichen Verkehrsstoßzeiten, in Urlaubswellen und bei unzähligen Baustellen und Umleitungen viel mehr Zeit verlorengeht.

Hitze, Dürre, Hunger in Afrika werden weniger berühren, 50 Grad weit weg in Indien und Pakistan wahrscheinlich auch wenig, aber dass in Griechenland, wo viele schon auf Urlaub waren, wochenlang 40 Grad, in Spanien oft 44 Grad herrschen, wo man bei uns schon unter 35 Grad stöhnt, dämmert es manchen doch, dass das mit dem von Menschen verursachten Klimawandel zu tun hat.

Umweltministerin Gewessler wird mit Klimaschutzmaßnahmen das Weltklima nicht retten können, wird bald verstummen, wenn südeuropäische und weitere europäische Länder von Hitzewellen geplagt sind, in den USA Temperaturen von 40 bis 50 Grad einen Kampf ums Wasser zwischen Trinkwasserversorgern und Farmern ausgelöst haben, in Kanada riesige Brände ausgedorrter Wälder den Horizont bis tief in die USA verdunkeln. Ob sie es wollen oder nicht, haben auch diese Länder schon begonnen, ernsthaft auch Milliarden für den Klimaschutz einzusetzen, und selbst China ist schon dabei, umzudenken und die Elektromobilität massiv zu entwickeln.

Also werden unsere Klimaleugner ihre Ausreden, mit Klimaschutz in Österreich nicht das Weltklima retten zu können, bald lassen können, weil man auch in Österreich bald noch mehr schwitzen wird müssen. Leider werden manche erst durch Schaden klug.
Karl Semmler, Bad Blumau

Es geht um Physik

Werden Vorschläge zur Temporeduktion gemacht, um einen positiven Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, werden reflexartig die Ideologie-Keulen aus dem Sack geholt. Zusätzlich gibt es Wortspenden, die nichts mit dem Kern der Sache zu tun haben. Dabei geht es nur um Physik! Der Luftwiderstand nimmt quadratisch mit der Geschwindigkeit zu – oder einfacher: Doppelte Geschwindigkeit ergibt vierfachen Luftwiderstand. Um diesen höheren Luftwiderstand zu überwinden, braucht man mehr Energie (Sprit) und stößt damit im gleichen Ausmaß mehr CO₂ aus. Auch wenn Motoren über die Jahre effizienter geworden sind, hat auch die Größe der Fahrzeuge zugenommen und der Verbrauch und der CO₂-Ausstoß daher nur unwesentlich abgenommen.

Und damit wieder von der Physik zum Kern der Sache: Um den Temperaturanstieg so gering wie möglich zu halten, müssen wir in den kommenden Jahren die Treibhausgasemissionen drastisch senken, und das sofort. Dazu braucht es alle rasch verfügbaren Maßnahmen, da es nicht die eine Maßnahme gibt, die beispielsweise den Treibhausgasausstoß um 80 Prozent reduziert. Die Reduktion der Geschwindigkeit ist eine Maßnahme, die praktisch nichts kostet und sofort umgesetzt werden kann. Warum verschenken wir diese einfache Möglichkeit? Und zur Freiwilligkeit oder Einschränkung der Freiheit kann nur gesagt werden: Je später wir handeln, umso stärker schränken wir unseren eigenen Handlungsspielraum, aber vor allem jenen unserer Kinder und Enkelkinder ein.
Norbert Porsche-Ully, Salzburg

Besser jetzt als morgen

Das große „Ich“ vor dem kleinen „Wir“. Die persönliche Lust, das persönliche Vergnügen vor dem gemeinsamen Verzicht. Der eigene, kurzfristige Genuss vor einer lebenswerten Zukunft für künftige Generationen. Der eigene Traumurlaub gegenüber Flutwellen, die tausende Existenzen zerstören. Das Festhalten an überholten Gewohnheiten und Überzeugungen gegenüber kritischem Hinterfragen und dem Mut zur Veränderung.

Weil wir die Dringlichkeit des Themas noch nicht wahrhaben wollen. Weil verkannt wird, dass dieselbe Summe an Einzelentscheidungen, die diese Krise herbeigeführt hat, uns auch wieder aus ihr herausführen kann. Wenn jeder von uns tagtäglich beginnt, das „Wir“ über das eigene „Ich“ zu stellen, nur dann kann die dringend notwendige Veränderung auch geschehen. Besser jetzt als morgen.
DI Thessa Hinteregger, Graz