Es heißt, dass Katzen sprichwörtlich immer auf den Pfoten landen und sieben Leben haben. Der vierjährige Maine-Coon-Kater Carlos machte die Probe aufs Exempel. Er schlich sich im Trubel einer beginnenden Wohnungsübersiedlung zwischen den Umzugskisten unbemerkt auf die Terrasse eines mehrstöckigen Hauses – und stürzte ab.

Jedes Jahr fallen in Österreich Tausende Katzen aus ungesicherten Fenstern, von Dachterrassen und Balkonen. Alleine an der Veterinärmedizinischen Universität Wien werden zwischen April und Oktober bis zu 140 betroffene Stubentiger behandelt.

Ein geöffnetes Fenster, eine angelehnte Terrassentür oder eine offenstehende Wohnungstür reichen aus und die neugierigen Samtpfoten begeben sich auf Erkundungstour, die mit schweren Verletzungen oder auch tödlich enden kann. Stürzt ein Tier ab, nimmt mit der Fallhöhe die Fallgeschwindigkeit zu. Je nach Gewicht der Katze kann diese ein Maximum von 100 km/h erreichen. Insbesondere in der Stadt, wo die Tiere beim Sturz oft auf harten Asphalt knallen.

Glück im Unglück

High-Rise-Syndrom nennen Tiermediziner die Folgen eines solchen Sturzes. Das Perfide daran: Wie schwer die Verletzungen sind, kann meist nur schwer auf den ersten Blick festgestellt werden. Zusätzlich verstecken gerade Katzen Schmerzen sehr geschickt. Daher wird die Untersuchung durch Tierärztin oder Tierarzt so bald wie möglich nach 
dem Sturz dringend empfohlen – unabhängig von der Einschätzung der Besitzer.

Carlos' Besitzerin wurde durch das Geräusch des stürzenden Katers alarmiert und brachte ihn umgehend in die Universitätsklinik für Kleintiere in Wien. "Carlos hatte Glück im Unglück", erklärt tierärztliche Leiterin Britta Vidoni. Denn: "Schwere Verletzungen der Brusthöhle wie Pneumothorax, Lungenkontusion, Hämothorax oder Zwerchfellruptur konnten ausgeschlossen werden." Diese kommen bei 30 bis 90 Prozent der Katzen nach einem Fenstersturz vor.

Dennoch war die Liste der Verletzungen lang: Carlos hatte eine Risswunde an der Zunge, Röntgen offenbarten einen komplizierten Bruch des rechten Unterschenkels sowie des Unterkiefers, zählt Vidoni auf. Der Kater müsste über eine Sonde ernährt werden und sich danach einer zweieinhalbstündigen OP unterziehen, um den Bruch am Unterschenkel zu fixieren. Heute, ein Jahr nach dem Unfall, ist Carlos wieder "ganz der Alte", sagt seine Besitzerin.

Sicherung ist vorgeschrieben

Besonders traurig ist das Thema der regelmäßigen Fensterstürze von Katzen vor dem Hintergrund, dass das Anbringen von geeigneten Schutzvorrichtungen, durch die sie nicht aus Fenstern oder vom Balkon fallen können, in Österreich durch die Tierhalteverordnung sogar gesetzlich vorgeschrieben ist. Katzenhalter, die dieser Pflicht nicht nachkommen, begehen Verwaltungsübertretungen und müssen mit Strafen bis zu 7500 Euro rechnen.

Neben der Sicherheit für die Vierbeiner muss man allerdings auch beachten, dass Installationen, die mit baulichen Veränderungen verbunden sind, also etwa Bohrungen in Fensterrahmen oder der Hausfassade, unbedingt vorher von Hausverwaltung oder Eigentümer genehmigt werden müssen.