Eva Rosenberg, Direktorin von Vier Pfoten Österreich, hat anlässlich des Welttierschutztages am 4. Oktober eine zwiespältige Bilanz für Österreich gezogen. Mit dem Verbot der Vollspaltenböden in der Schweinemast sei ein Meilenstein erzielt worden. "Doch mit Besorgnis sehen wir, dass die herrschende Teuerung von der Politik und auch von der Landwirtschaft wieder als Ausrede herangezogen wird, um keine Maßnahmen in Richtung Tierschutz zu setzen."

2022 sei bisher mit der Novellierung der Tierschutz-Gesetzgebung ein sehr wichtiges Jahr gewesen, weshalb der Welttierschutztag für Vier Pfoten heuer eine besondere Bedeutung habe. Das Verbot der Vollspaltenböden sei höchste Zeit gewesen - allerdings gibt es hier einen gravierenden Wermutstropfen: "Die Übergangsfrist bis 2040 ist viel zu lang", betonte Rosenberg. Sie sei überzeugt, dass die Realität diese Gesetzgebung überholen wird und in der Praxis viele Landwirte schon früher die Weichen für eine entsprechende Haltung stellen werden.

Mindeststandards bis 2027

Sehr viel werde allerdings davon abhängen, welche ganz konkreten Mindeststandards bis 2027 erarbeitet werden. Die große Tierschutzforderung ist hier eine verpflichtende Einstreu, alles andere wäre enttäuschend, meint man bei Vier Pfoten.

Dieses Video könnte Sie auch interessieren

Dass Mastrinder ausgenommen wurden, und nach wie vor zu großen Teilen ihr Leben auf Vollspaltenböden verbringen, sei enttäuschend. Weiterer Kritikpunkt: Bis 2030 würden unzählige Rinder gezwungen, in dauernder Anbindehaltung dahinzuvegetieren. Selbst danach müssten sie lediglich 90 Tage pro Jahr Auslauf haben - wofür eine betonierte Außenfläche reichen würde. Aber auch hier glaubt Rosenberg, dass die Praxis die gesetzlichen Vorgaben überholen wird. Denn falls, wie angekündigt, alle AMA-zertifizierten Betriebe ohne Anbindehaltung produzieren, sei davon der Großteil des heimischen Marktes betroffen. Was Kälbertransporte betrifft, plädieren die Tierschützer dafür, diese zu untersagen, solange sei nicht entwöhnt sind.

Verpflichtende Herkunftskennzeichnung

Positiv wertet Rosenberg die geplante verpflichtende Herkunftskennzeichnung tierischer Produkte. "Wirklich sauer stößt uns auf, dass die Gastronomie hier wieder ausgenommen wurde." Wer auswärts isst, müsste genauso wissen, was auf seinem Teller landet.

Vier Pfoten fordert vom Landwirtschaftsminister, jetzt Maßnahmen zu ergreifen, um die heimische Agrarwirtschaft zu stärken. In Kantinen wie in Schulen, Kindergärten, Spitälern und Ministerien könnte über die Beschaffung der öffentlichen Hand ein wesentlicher Schritt in Richtung Nachhaltigkeit und Tierwohl gesetzt werden. Der Staat müsse mit gutem Beispiel vorangehen. "Wenn in öffentlichen Kantinen Billigfleisch aus dem Ausland serviert wird, dann ist das nicht nur aus Tierschutzsicht inakzeptabel, sondern auch ein Schlag ins Gesicht für die heimischen Bauern", kritisierte Rosenberg.