Wenn unser Weißtiger-Kätzchen Melinda (2) sich jede Nacht in meinen Arm kuschelt, ihren Kopf an meiner Wange reibt und laut in mein Ohr schnurrt, dann hüpft mein Herz vor Freude. Denn als wir die Flauschkugel im Jänner 2021 aus dem Tierheim Arche Noah in Graz holten, war sie nicht nur ein verschrecktes Häufchen Elend. Auch die gesundheitliche Prognose – schlechte Nierenwerte, massive Ohrpolypen – war schlecht.
Zwei Tage lang wohnte Milli im Badezimmer in ihrer Box, fraß nicht, verrichtete ihr Geschäft darin, wir mussten sie einmal waschen. Als ich am dritten Tag schon überlegten, ob wir vielleicht die falsche Familie für sie sein könnten und ich ratlos mit dem Tierheim telefoniert, stand sie plötzlich vor mir, schmierte um meine Beine, fraß, trank, schnurrte – und zeigte mir klar: „Ich will bleiben!“
Wir hatten ihr eine Ruheoase im letzten Eck des Badezimmers eingerichtet, Klo und Fressplatz ein Meter von ihrer Box entfernt. Zwei Wochen lang schlief sie fast durchgehend in ihrer Box, sie schien total erschöpft und traumatisiert. Am Abend kam sie für zwei Stunden heraus, da streichelte ich sie und spielte mit ihr. Sie fasste zu mir und auch den Kindern immer mehr Vertrauen, war aber ansonsten unglaublich schreckhaft. In der dritten Woche zog sie unter den Waschtisch auf einen Teppich, den wir dorthin gelegt hatten, in der vierten in meinen Kasten im angrenzenden Schlafzimmer, danach unter mein Bett.
Immer öfter kam sie heraus, spielte, wollte gestreichelt werden und verlor immer mehr ihre Scheu. Zu Paul (12) und Sarah (8) fasste sie rasch Vertrauen, ebenso zu mir. Meinem Mann gegenüber ist sie nach wie vor skeptisch, vielleicht, weil er sie beim Waschen festhielt, vielleicht hatte sie zuvor schon schlechte Erfahrung mit Männern gemacht.
Mit unserem Kater Spencer gab es zunächst kaum Kontakt. Er ist sehr ängstlich und sie schlug ihn regelmäßig in die Flucht. Lautlos, indem sie einfach auf ihn zuschoss. Heute bewegt sie sich selbstbewusst durch die ganze Wohnung, genießt es unendlich, stundenlang in der Sonne auf der Terrasse zu liegen, gestreichelt zu werden, wirft sich dabei auf den Rücken und schnurrt lautstark, Genusströpfchen bilden sich auf ihren Schnurrhaaren. Und sie ist das kuscheligste Flauschknäuel, das ich je gestreichelt habe.
Ihre Ohrenentzündung und damit ihr Kratzen haben sich gelegt, und mit Spencer schießt sie lustig spielend durch die Wohnung, beide sind sanft und behutsam. Zwischendurch busseln die beiden, ich glaube, er ist in sie verliebt. Sie schläft natürlich im Bett, holt sich zwischen fünf und sechs in meinem Arm liegend ihre Streicheleinheiten und ich habe das Gefühl, sie ist eine durch und durch glückliche und sehr liebevolle Katze. Sie tollt mit ihren Spielmäusen herum, jagt Leckerlis nach, "spricht" mit uns, wenn sie etwas will - oder nicht - und ist pumperlgesund.
Gäste bekommen sie zwar immer noch nicht zu sehen - vielleicht beim 17. Besuch. Aber sie liebt ihr Leben – und wir lieben sie! Und ich bin jeden Tag froh, dass wir ihr die Zeit gegeben haben, die sie brauchte, um bei uns anzukommen.