Taschen und Geldbörsen gehören zur täglichen Ausstattung, mit der das Haus verlassen wird, wie das Paar Schuhe. Robust und strapazierfähig müssen die Accessoires also sein, um den Belastungen des Alltags, denen sie ausgesetzt werden, standzuhalten. Aus diesem Grund greifen zahlreiche Unternehmen zu tierischem Leder, ein starkes Material, das äußere Einflüsse gut wegstecken kann.

Eine Vielzahl von Chemikalien, die bei der Gerbung von Leder zum Einsatz kommen, machen das robuste Material allerdings nicht nur zu einem negativen Einflussfaktor für die Umwelt, sondern können in weiterer Folge auch die Gesundheit der Personen gefährden, die in Gerbereien tätig sind. "In Europa gibt es strenge Regulierungen, aber in Südamerika und Asien wird Leder immer noch zum größten Teil unter schlechten Bedingungen gechromt", sagt Sabrina Satzinger, Gründerin der veganen Taschenmarke Saborka. Für die Gerbung werden billige Chromsalze verwendet, unbedenkliches Chrom-III oxidiert dabei zu giftigem Chrom-IV - ein stark krebserregendes und erbgutveränderndes Schwermetall. In Österreich wird unterdessen kaum gegerbt.

Schwierigere Verarbeitung

Inzwischen haben sich neben klassischem, tierischem Leder allerdings bereits nachhaltigere Bewegungen etabliert. Immer mehr Unternehmen greifen auf pflanzliche Kunstleder aus Äpfeln, Mangos, Kakteen und Ananas zurück, um neue, umweltfreundlichere Alternativen zum tierischen Original zu schaffen. Satzinger nutzt für ihre Accessoires, die sie selbst in ihrem Studio in Wien näht, seit 2019 ein Material namens Piñatex, das aus den Blättern der Ananasstaude gewonnen wird. "Zuvor habe ich sogenannte Deadstock-Kunstleder-Materialien genutzt, auch weil man vor 2019 mindestens 100 Meter Piñatex gleichzeitig bestellen musste - eine unmögliche Investition für ein kleines Unternehmen."

Saborka-Gründerin Sabrina Satzinger
Saborka-Gründerin Sabrina Satzinger © Bekki Hoffmann (Bekki Hoffmann)

Perfekt ist das Material noch nicht, dass veganes Leder die tierische Verwandte in naher Zukunft vollständig ablösen könnte, hält Satzinger für unwahrscheinlich. "Die Firma, mit der ich arbeite, Ananas Anam, fragt offen nach Feedback und jedes Mal, wenn ich neues Material kaufe, wurden Veränderungen umgesetzt und wieder etwas verbessert." Dennoch sei es so, dass sich das vegane Leder immer noch anders greife und schwieriger in der Verarbeitung sei, sagt die gelernte Damenschneiderin. "Man kann von veganem Leder nicht die gleichen Attribute erwarten wie von klassischem Leder", erklärt die Designerin.

Fehlende Transparenz

Trotz der schlechten Umweltbilanz tierischen Leders will Satzinger aus diesem Grund das Material nicht verteufeln. "Auch der nachhaltigste Stoff kann schlecht für die Umwelt sein, wenn im Produktzyklus irgendetwas schiefläuft", weiß sie. Aus diesem Grund setzt Satzinger auf Aufklärung in den sozialen Medien und kritisiert dabei die fehlende Transparenz in der Lederherstellung. "Der Bereich genießt eine gewisse Freiheit, weil niemand Leder wirklich hinterfragt. Wie sollen Konsumierende also informierte Entscheidungen treffen, wenn ihnen Informationen vorenthalten werden?", moniert die Designerin und spielt unter anderem auf lange logistische Wege an, die Leder für die Gerbung auch innerhalb Europas teils bis zur Verarbeitung zurücklegen muss.

Wichtig sei zudem, Kundinnen und Kunden, unabhängig von der Art des Leders, über die jeweils richtige Lagerung aufzuklären. "Denn am nachhaltigsten ist immer noch ein Produkt, das lange verwendet wird."

Ina Kent stellt nun Taschen aus veganem Kaktusleder her
Ina Kent stellt nun Taschen aus veganem Kaktusleder her © Lisi Specht

Kein Nischenprodukt mehr

Mit Transparenz kann Ananas Anam unterdessen punkten, die Komposition des Materials wird auf der Webseite aufgeschlüsselt. "Die Leute argumentieren oft, dass auch veganes Leder schlecht für die Umwelt sei, weil Kunststoff enthalten ist. Doch es sind im Vergleich zum Kunstleder, das zu 100 Prozent aus Kunststoff besteht, lediglich circa 10 Prozent. Das braucht das Material, um wasserabweisend sein zu können", so Satzinger.

Dass veganes Leder nicht mehr nur ein Nischenprodukt kleiner Modeunternehmen ist, zeigt die Wiener Designerin Ina Kent. Seit Jahren stellt die erfolgreiche Unternehmerin Ledertaschen aus übriggebliebenen Verschnitten und pflanzlich gegerbtem, tierischem Material her, jetzt wagte sie sich erstmals auch an veganes Leder heran. "Unser Exemplar Moonlit stellen wir aus Kaktusleder her, das wir von einem kleinen, innovativen Unternehmen in Mexiko beziehen."

Moonlit heißt die Tasche aus Kaktusleder von Ina Kent, auch der verwendete Kleber ist vegan
Moonlit heißt die Tasche aus Kaktusleder von Ina Kent, auch der verwendete Kleber ist vegan © Kemara Pol

Bereits seit Langem hatte die Designerin ein Auge auf veganes Material geworfen, bislang mangelte es aber unter anderem an der Verfügbarkeit. "Erst mit dem vermehrten Aufkommen von Unternehmen, die sich der Herstellung dieser nachhaltigen Lederalternativen verschrieben haben, wurde es auch möglich, wirklich überhaupt an Stoff zu kommen." In Zukunft will Kent weitere Produkte aus veganen Alternativen und recycelten Materialien auf den Markt bringen, nicht nur Kaktusleder sei dabei eine Option, sagt sie. "Es gibt zwar schon Produkte, die dem Leder, mit dem ich gerne arbeite, sehr ähneln, allerdings ist es für mich noch keine 100-prozentige Alternative. Deswegen möchte ich in Zukunft einfach auch noch mehr Dinge ausprobieren", so Kent.