Zwischen schweren, antiken Holzschränken, aus denen eine Vielzahl an Stoffen hervorlugt und Regalen, die gefüllt sind mit Hutformen aller Größen und Arten, sitzt Karin Krahl-Wichmann und näht den Saum eines smaragdgrünen Hutes fest – mit der Hand, und Fingerhut. In Deutschfeistritz floriert die Kunst des Hutmachens noch, erst vor wenigen Monaten wechselte das Familienunternehmen Kepka von der Grazer Wickenburggasse nach Graz-Umgebung. Hüte aus Stroh, Wolle und Filz hängen von der Decke, darunter Nähmaschinen, die bereits ihr zweites Jahrhundert erleben – in dem Atelier scheint die Zeit stehen geblieben zu sein.
Waren Hüte als Accessoire bis Mitte des 20. Jahrhunderts noch ein unabdingbarer Teil der Alltagskleidung, hat sich der Zugang der Bevölkerung zu der Kopfbedeckung über die letzten Generationen verschoben. „Neben alten Herrschaften tragen vor allem junge Menschen um die 25 und 30 Jahre wieder viel mehr Hüte. Während die Generation dazwischen häufig auch negative Gefühle mit Kopfbedeckungen verbinden, weil sie als Kinder gezwungen wurden, Hüte zu tragen, wollen die Jungen nun oft wieder das tragen, was ihre Großeltern früher trugen, es ist wie eine Renaissance“, teilt Krahl-Wichmann, die das Unternehmen von ihrem Vater übernahm, ihre Erfahrungen.
Zwischen Tradition und Moderne
Dass Hüte mehrere Generationen überspannen, merkt sie in ihrer täglichen Arbeit ständig, sagt sie. „Ich hatte einen jungen Kunden, der einen Ausseerhut seines Großvaters mitbrachte, um ihn für sich reparieren zu lassen – dann habe ich entdeckt, dass mein Vater den Hut gemacht hat. Solche Momente berühren mich jedes Mal.“ Krahl-Wichmann stattet nicht nur Privatpersonen mit der passenden Kopfbedeckung aus, sondern behütet unter anderem auch Musikvereine und die bekanntesten Reiter des Landes, die Bereiter der Spanischen Hofreitschule.
Während der Hut in der Tradition durch seine Symbolik noch stark verankert ist, wandelt sich der Stellenwert der Kopfbedeckung im Alltag stetig – eine Bewegung, die auch Karl Mühlbauer miterlebt. Der Hutmacher aus Wien, der seinen Betrieb in vierter Generation betreibt, wurde im heurigen Jahr mit dem Modestaatspreis des Kulturministeriums, dem „Outstanding Artist Award“, ausgezeichnet. „Das Schöne an der Mode ist im Moment, dass nichts wirklich 'unmodern' ist und viele Trends parallel möglich sind. Auch wenn der klassische Hut seit 30 Jahren im Alltag kein wirklich großes Ding mehr ist, ist der Trend zur Kopfbedeckung nie verschwunden. Er hat sich nur verändert.“
Komfort als Schlüssel
Komfort stehe im Vordergrund, kleine Krempen und Exemplare, die in der Tasche verstaut werden können, erfreuen sich großer Beliebtheit. Mit Schildkappen und modernen Formen ist der Hut in der Jetztzeit angekommen. „Wir sind auch gern erfinderisch und experimentieren mit Material, dadurch bleibt der Hut spannend und als Accessoire interessant.“ Ob Tweed, Cord, Filz oder Loden – die Stoffpalette ist breit. Über allen Trends stehen jedoch die Qualität und Langlebigkeit, so die beiden Hutmacher-Betriebe. „Auch nach vielen Jahren können wir Hüte jeder Art wieder aufmöbeln, da kommt der stationäre Handel nicht mit“, so Mühlbauer.