Oprah Winfrey trägt gewohnt pathetisch auf, aber sie hat schon recht mit ihren einleitenden Worten, die der Buchausgabe des Gedichtes „The Hill We Climp“ („Den Hügel hinauf“) von Amanda Gorman vorangestellt sind: „Auf sie haben wir gewartet, dieses ,kleine, dünne schwarze Mädchen, Nachfahrin von Sklavinnen’, dank ihrer besinnen wir uns auf uns selbst, unsere Humanität, unserer Herzen. Und weiter: „Die Worte, die uns umfingen, waren eine Wohltat, waren Balsam für unsere Seelen.“
Die Worte galten einem Land, dessen Seele in den Jahren zuvor tiefe Schrammen abgekommen hat.
Präsident Donald Trump hatte vier Jahre lang gewütet und seine Niederlage bei den Präsidentschaftswahlen bis zuletzt rabiat bekämpft. Am 6. Jänner noch stürmten behörnte Barbaren das Kapitol. Zwei Wochen später, bei der Amtseinführung von Wahlsieger Joe Biden, trat dann das „kleine, schwarze Mädchen“ namens Amanda Gorman im zitronengelben Mantel ans Mikrofon und las, nein: sang, nein: rappte Trump und den Seinen mit Poesie die Leviten. In ihrem Gedicht „The Hill We Climb“ sprach die 23 Jahre alte Lyrikerin und Aktivistin, die bislang nur im kleinen literarischen Kreis bekannt war, von tiefen Abgründen, die sich aufgetan haben, aber auch von der Hoffnung auf eine Zeitenwende:
„Unversehens gehört uns der Morgen. Irgendwie geht’s. Irgendwie, gelitten und gelebt. Eine Nation, die nicht zerbrochen ist, nur unvollendet.“