Die ganze Welt will Corona entkommen – sie jedoch liefen vor der schweren Last der Krone davon: Harry, nun Privatier statt Prinz im selbst gewählten frühen Ausgedinge, und seine Meghan. Vor knapp zwei Wochen hatte das Paar bei einem Gottesdienst anlässlich des Commonwealth-Tages in der Westminster Abbey in London seinen letzten Termin in royaler Mission. Dort wurden vor allem reichlich kalte Schultern ausgetauscht.

Die Abtrünnigen mussten separat in die Kirche einschreiten – im Gefolge der britischen Königin Elizabeth II. war für sie kein Platz mehr. Einige wollen während des Zusammentreffens zwischen Harry (35) und seinem Bruder William (37) wohlwollende Signale wahrgenommen haben – nur wo? Der Ältere und seine Frau Kate begrüßten zwar Onkel Edward, setzten sich dann aber, ohne den Gerade-noch-Royals die Hand zu geben: Es war wohl keine virale Vorsichtsmaßnahme, dass sie darauf verzichteten.

Mit Stichtag 31. März, 682 Tage nach der prächtigen Hochzeit in Windsor, wird man im westkanadischen Luxusexil auch auf dem Papier nicht mehr Teil der britischen Royals sein: "Megxit" completed – what next? Wird aus zwei halben Ex-Royals wirklich eine ganze Existenzberechtigung?

Nein, diese Abnabelung verläuft nicht friktionsfrei: Zuerst wollten Harry und Meghan sich mit der gut zu verkaufenden Marke "Sussex Royal" als Hybrid-Royals ein vergoldetes Fortkommen sichern. Queen Elizabeth II. und "die Firma" (so nennt sich das Königshaus selbst – Spurenelemente von Ironie) ließen dies nicht mehr zu. Aus der Ferne am großen Kuchen mitnaschen, das spielt es nicht. Ranghohe Vertreter des Buckingham-Palastes hielten es für unangebracht, dass der 35-Jährige und seine Frau das Wort "königlich" im Markennamen führen. Schelte und Verbot.

Die 38-Jährige dürfte lukrative Offerte für Filme in der Tasche haben, von einer zweckgerechten Verwendung Harrys ist indes noch nichts bekannt. Klimaschutz und Philanthropie sind wichtige Anliegen: Wie er sie monetarisieren will, gab er noch nicht bekannt. Redenschwinger? Markenbotschafter? Öffentliche Gelder wird es nicht mehr geben – alles andere wäre vor dem Steuerzahler nicht zu rechtfertigen. Der royale Kommentator Omid Scobie, der mit den jungen Royals bei ihren Auftritten viel Zeit verbrachte, zu dem neuen Weg, den sie nun eingeschlagen haben: "Die beiden lassen nun alles zurück. Das könnte durchaus mit Angst um ihre Zukunft behaftet sein."

Queen Elizabeth II.
Queen Elizabeth II. © APA/AFP/TOLGA AKMEN (TOLGA AKMEN)

Mit April werden die beiden Abtrünnigen – freiwillig – auf die Anrede "Königliche Hoheit" verzichten. Royale Kenner überschlugen sich bereits im Vorfeld mit negativen Prognosen: Für den eigenen Lebensunterhalt abseits vom güldenen Futtertrog zu sorgen, das sei den allerwenigsten Royals geglückt. Im Gegenteil: Die meisten scheiterten fulminant. Weiter ungelöst ein für die Betroffenen nicht unerhebliches Problem: Kanada wird nicht mehr weiter für die Sicherheit von Harry und Meghan aufkommen. Bis Ende März muss auch diese Frage geklärt werden: Der Aufwand dafür ist astronomisch – umgerechnet 23 Millionen Euro soll es jährlich kosten, die Ex-Royals zu beschützen.

Würden Harry und seine Frau tatsächlich wie angekündigt häufiger gleichzeitig zu verschiedenen Terminen an unterschiedlichen Orten reisen, wären die Kosten noch höher. Ken Wharfe, einst Leibwächter von Lady Diana, der 1997 tödlich verunglückten Mutter von Harry und William, warnte eindringlich: Das Hollywood-erprobte PR-Team rund um den Prinzen kümmere sich um die Vermarktung des 35-Jährigen, aber nicht wirklich um dessen Sicherheit. Erst jüngst etwa ging Harry dem russischen Komikerduo Wowan und Lexus auf den Leim: Dieses nahm unter einer gefälschten E-Mail-Adresse den Kontakt zu ihm auf und gab sich als Greta Thunberg aus. Der Noch-Herzog rief prompt zurück und plauderte auch Persönliches aus – ohne vorher seine Privatnummer unterdrückt zu haben.

Das britische Volk scheint sich schrittweise von Harry zu entfernen – die Grundstimmung wird neben Sorge um Corona und Brexit vor allem von Sympathie für die betagte, zurückgelassene Monarchin und William getragen: der Fahnenflüchtige auf der einen, die Spurtreuen und Pflichtbewussten auf der anderen Seite. Auch Williams Frau Kate scheint die Standhafte, Verlässliche im royalen Setzkasten geworden zu sein und verdiente sich trotz so mancher Laune Respekt. "Kate trägt einhändig die königliche Familie mit", streute etwa "Daily Mail" der 38-Jährigen englische Rosen.

Kate und William
Kate und William © (c) AP (Peter Morrison)

Meghan billigten viele gewissen Unterhaltungswert zu: "Sie war zu gut, um wahr zu sein für die Monarchie. Sie war das lächelnde Gesicht in einer abgrundtief langweiligen Institution", ätzte etwa die britische Autorin und Juristin Hilary Mantel, keine erklärte Freundin staubgezuckerter königlicher Anachronismen. Gegen Ende teilten die Tabloids auch in Meghans Richtung genüsslich aus. Keine royalen Restanteile also mehr dort in North Saanich auf Vancouver Island?

Was Harry bleiben wird, sind diverse Schirmherrschaften, die seit jeher zum Rüstzeug der Windsors gehören. Zudem soll die 93-jährige Königin Harry als Geste der Güte zugesichert haben, dass er und seine Frau jederzeit in den Kreis der hochrangigen Mitglieder der Königsfamilie zurückkehren dürfen. Wie "The Times" weiß, sollen sie bereits die Einladung angenommen haben, den heurigen Sommer mit der Königin in deren Refugium Sandringham House in der Grafschaft Norfolk zu verbringen – gemeinsam mit ihrem Sohn Archie.

Nur ein Lackschaden für die Monarchie oder mehr? Der Palast wankte kurz, aber mächtig – um sich auch nach dem "Megxit" des Sechsten der Thronfolge wieder einzupendeln. Mit irritierenden Ereignissen mit der Endung "xit" hat diese Insel eben schon reichlich Erfahrung.