Freitag ist Streiktag: Diesem Credo folgen immer mehr Menschen in Europa und darüber hinaus. Es sind vor allem junge Bürger, die sich Woche um Woche auf den Straßen versammeln, um ihr Anliegen zu formulieren. Viele tragen selbst gebastelte Schilder, auf denen Sprüche stehen wie: „Heute schon an morgen denken“ oder „Kein Planet B“. Ihre Forderungen sind klar, die Lösungen liegen bereits auf dem Tisch und doch sehen Abertausende Schüler und Studenten die Notwendigkeit zu demonstrieren. Denn in der Klimafrage passiert ihnen zu wenig. Die Pariser Klimaziele, die im Jahr 2015 von Staatsoberhäuptern vor den Augen der Welt formuliert und ratifiziert wurden, gehen ihnen nicht weit genug. Die Umsetzung derselben lasse noch mehr zu wünschen übrig.
Am vergangenen Wochenende erreichte die Bewegung in Belgien ihren vorläufigen Höhepunkt. 70.000 Bürger beteiligten sich laut offizieller Schätzung der Behörden am „Marsch für das Klima“ durch die Hauptstadt Brüssel, um ambitionierte und sozial gerechte Maßnahmen zur Begrenzung des Kohlendioxid-Ausstoßes zu fordern.
Streik statt Schule
Ursprung und Ikone der „Fridays for Future“-Bewegung („Freitage für eine Zukunft“) ist die schwedische Aktivistin Greta Thunberg, die vor das schwedische Parlament in Stockholm zog, anstatt weiter in die Schule zu gehen. Mit beachtlicher Konsequenz und mithilfe der sozialen Medien trug sie ein einfaches Anliegen vor: Die schwedische Regierung solle die in Paris vereinbarten Ziele zur Reduktion des weltweiten Kohlendioxid-Ausstoßes und zur Begrenzung der Erderhitzung umsetzen. Dass sie das ausgerechnet zur Unterrichtszeit macht, liegt daran, dass Greta die größtmögliche Aufmerksamkeit generieren wollte und will.
Und Greta sitzt mit ihrem Schild schon lange nicht mehr allein vor dem Parlament. Auf Twitter hat die 16-Jährige dazu aufgerufen, es ihr gleichzutun. Dort erreicht sie mittlerweile auf direktem Wege mehr als 140.000 Nutzer.
Zum Weltwirtschaftsforum im schweizerischen Davos reiste sie umweltbewusst mit der Bahn an und übernachtete medienwirksam bei Minusgraden im Zelt, ehe sie den Entscheidungsträgern dieser Welt die Leviten las. „Ich will, dass ihr handelt, wie wenn euer Haus brennen würde, denn das tut es“, erinnerte sie vor laufenden Kameras. Als Erfolg für das Klima wertet Greta das Forum nicht. Auch beim Klimagipfel in Kattowitz war Greta zu Gast. Dort traf sie unter anderem auf den Wiener Studenten Johannes Stangl, der Gretas Botschaft zusammen mit einigen anderen nach Österreich tragen will.
Seit 21. Dezember trifft sich Johannes Woche für Woche freitags mit Gleichgesinnten auf dem Wiener Heldenplatz, um für eine lebenswertere Zukunft zu demonstrieren. „Wir haben noch keinen Zulauf wie in Deutschland oder Belgien, wo wöchentlich Tausende auf die Straße gehen, aber wir wachsen kontinuierlich“, erzählt der Physikstudent. Der Dialog soll dabei im Vordergrund stehen. Man stehe in Kontakt mit Schüler- und Studentenvertretungen sowie mit Lehrern und Professoren. Am vergangenen Freitag war eine ganze Schulklasse mit ihrer Lehrerin vor Ort. Es gehe ja nicht ums Schwänzen, sondern um Bewusstseinsbildung. Interessierten Schülern empfiehlt Johannes, sich zu vernetzen und mit Lehrern darüber zu sprechen, wie man sich beteiligen kann. Denn unentschuldigtes Fehlen kann Konsequenzen für Schüler haben.
Mit Wien, Linz und Innsbruck sind drei Bundeshauptstädte an den Demonstrationen beteiligt. Weitere Städte, darunter auch Graz, sollen bald folgen. Wer sich aktiv einbringen will, kann sich auf Facebook oder unter www.fridaysforfuture.at informieren. Für den 15. März ist ein weltweiter Klimastreik geplant. Dann sollen auch in Österreichs Städten große Aktionen stattfinden.
Matthias Reif