Jedes Jahr das gleiche Spiel: Irgendwie schleicht sich im Übergang vom Frühling zum Sommer ein Duft von Freiheit ein. Begleitet von einem leichten, undefinierbaren Ziehen. Vielleicht kann man es Sehnsucht nennen. Nur Sehnsucht wohin? Manchen fällt sofort ein Ort ein, andere tun sich schwerer, aber es wird wohl so sein: ausbrechen aus dem so hektischen Alltag, der sich unmerkbar beschleunigt. Kein Tacho der Welt kann das messen, aber es bringt uns beständig aus dem Takt. Was nur könnte man dagegen verordnen? Einen Ratgeber vielleicht? Bloß nicht, außer man möchte sich aus der schier unfassbaren Zahl an Lebensbegleitern einen Elfenbeinturm als Rückzugsort basteln. Aber muss es immer gleich ein Rückzug sein? Nicht unbedingt: Es gibt Orte, die auf beinahe magische Art und Weise den Takt der inneren Uhr wiederherstellen können. Wichtig ist nur: Man muss sich darauf einlassen, dann gelingt auch das mit dem Loslassen.

Berufsfischer Max Peinsteiner bei der Arbeit
Berufsfischer Max Peinsteiner bei der Arbeit © Peinsteiner

Der See und seine Magie

Max Peinsteiner hat gerade noch die letzten Netze ausgelegt, es plätschert im Hintergrund beruhigend. Das Hauptrevier des Berufsfischers der Bundesforste ist der Hallstätter See. Was er daran schätzt? „Am See ist man fast unerreichbar, man ist vom Trubel weg.“ Und man lernt, seinen Blick zu schärfen, zu fokussieren: „Hier ist kein Tag wie der andere, es ist nie gleich: Die Blätter, das Wasser – der See bietet ein breites Spektrum.“ Doch dafür muss man auch bereit sein: „Man darf nicht mit Scheuklappen hinschauen und ein paar Fotos machen, denn so sieht man das Besondere nicht.“

Der Hallstätter See
Der Hallstätter See © JFL Photography - stock.adobe.com

Dem Himmel ganz nah sein

Wenn die Kärntner Bergführerin Elisabeth Fürstaller von ihrem Job erzählt, dann kann man die Sehnsucht hören: „Der Berg, der hat Beständigkeit, aber er hat nie das gleiche Gesicht. Das Wetter ist anders, die Jahreszeit ist anders – wie der Mensch, der wechselt auch je nach Laune und Gefühl sein Gesicht. Nur der Ort, der Ort bleibt beständig. Das führt einem vor Augen, wie großartig die Natur ist.“ Auf den Berg gehen heißt, die Richtung zu wechseln: „Am Berg ist man einfach weg – von sich selbst, von der Welt, von allen Einflüssen, man macht das für sich.“ Dann kommt die Magie. Und das heißt? „Man kriegt Gänsehaut!“

Elisabeth Fürstaller beim Klettern
Elisabeth Fürstaller beim Klettern © Fürstaller
"Die Stille hat eine innere Kraft", so Bruder Rudolf
"Die Stille hat eine innere Kraft", so Bruder Rudolf © roostler - stock.adobe.com

Seit 25 Jahren ist das Kapuzinerkloster Irdning Anlaufstelle für jene, die mit Exerzitien zur Ruhe kommen wollen. Welche Voraussetzung muss man mitbringen? „Diese Wende nach innen braucht die Disziplin, dass man alles Äußere, das in die Zerstreuung führt, weglässt", so Bruder Rudolf. Das Ziel: „Eine tiefe Erfahrung, die natürlich auch Prozesse auslöst.“ Das mag am Anfang schmerzhaft sein, aber „es ist ein heilsamer Weg“. Wie bringt man die Stille in sein Leben? „Eine halbe Stunde pro Tag in die Stille zu gehen, heißt, zu meditieren oder einen ruhigen Spaziergang zu machen und achtsam zu sein!“

Bruder Rudolf von den Kapuzinern in Irdning
Bruder Rudolf von den Kapuzinern in Irdning © Kapuziner Irdning