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Locken-News „a la mäh“. Ein Haarschnitt, oder eine Schur, dauert bei einem Schaf im Schnitt drei Minuten, wird jährlich durchgeführt und am Ende hat man etwa zweieinhalb Kilogramm Wolle. In Österreich leben um die 400.000 Schafe, ein Großteil ihrer Wolle wird weggeworfen.
Wir klären gleich, warum das so ist, doch diese Geschichte dreht sich vor allem um eine regionale, heimische Initiative, die der Wolle wieder neuen Schwung geben möchte. Und vielleicht damit sogar dem „fast fashion“-Trend, der billigste Textilien unter teils schrecklichen Bedingungen in unsere Einkaufsstraßen schwemmt, entgegenzuwirken. Denn Wolle ist nicht nur gut für Schafe, sondern auch für Menschen. Textilien aus Schafwolle wärmen, sind Temperatur-regelnd, quasi unzerstörbar und besser, als jede Windjacke. Und genau aus diesem Grund haben sich genau vor einem Jahr 13 Menschen getroffen, die herausfinden wollten, ob man in Österreich die komplette Produktionskette, vom Schaf bis zum Kleidungsstück, überhaupt noch zusammenstückeln kann. Und ob es möglich sei, eine nachhaltige Produktion einer Schafwoll-Weste auf die Beine zu stellen, die zu hundert Prozent in Österreich liegt.
Die guten Nachrichten: Beides gelang. Man fand bei Tiroler Bauern Wolle von Bergschafen in der richtigen Qualität, im „Ötztaler Schafwollzentrum Regensburger“ eine Wollwäsche, bei „Ferner Wolle“ im Lungau eine Möglichkeit des Kardierens und Spinnens der Wolle, in Öblarn bei Hermann Rabenhaupt eine Strickerei, eine Walknerei wieder im Ötztal und eine Näh-Manufaktur in Feldbach, nämlich beim „JMB Fashion Team“. Für Gert Rücker, den Geschäftsführer, ging damit „ein Traum in Erfüllung“. Denn über die letzten Jahrzehnte sei ihm schon fast der Glaube an heimische Produktion abhandengekommen. „Ich habe miterleben müssen, wie zigtausende Arbeitsplätze in der Textilbranche weggebrochen sind. Diese Initiative empfinde ich als Wertschätzung und wir wollen etwas für die Gemeinschaft, die Gesellschaft und die Umwelt schaffen.“ Das tatsächlich Geschaffene ist eine gewalkte Weste, aufgelegt in einer geringen Stückzahl von 250, und hört auf den Namen „Autwool“.
Um noch einmal zum Anfang zu springen: Warum wird die Wolle dieser hunderttausender Schafe nicht verwendet oder nicht mehr verwendet? Roland Taferner ist Geschäftsführer des österreichischen Bundesverbands für Schafe und Ziegen und Projektleiter von „Autwool“. „Viele Bauern sagen, es rechnet sich nicht, denn man bekommt nur 60 Cent pro Kilogramm Wolle, muss aber pro Schur fünf Euro zahlen und startet bei zweieinhalb Kilo Ertrag bereits im Minus, noch nicht eingerechnet, dass ich die Wolle ja selbst noch transportieren muss. Wenn wir es aber schaffen, mit genau solchen Initiativen wieder mehr Nachfrage zu schaffen, dann zahlt es sich für die Bauern auch wieder aus, weil der Preis dann fairer wird.“
Allein mit den 250 Westen wird sich in der globalen Modeindustrie freilich nicht alles ändern, aber man sieht, dass es auch regionale Möglichkeiten gibt, Wertschöpfung zu generieren. Designerin der Weste, Stephanie Höcker, sieht es so: „Wir entscheiden, welchen Wert und welche Wertschätzung wir einem Produkt geben. Für mich ist das Handwerk und die Kunst desselben wichtig und ich wollte in diesem Entwurf zeigen, dass ein Kleidungsstück auch Seele und Persönlichkeit haben kann. Weil man jeden Schritt des Werdens eben spürt.“