Kürzlich stimmte ich im Editorial zu unserer Sonntags-Printbeilage ein Loblied an auf meine Mutter, die sich und damit mich seinerzeit als einfache Verkäuferin und Hausfrau zur Literatur und speziell zur modernen österreichischen Literatur von Handke über Turrini bis Thomas Bernhard brachte. Und zum Singen übrigens auch: Sie selbst war Chorsängerin und sang als Sopranistin sogar imposante Soli, etwa in Mozart-Messen, ohne dass sie auch nur einen Strich Noten lesen konnte. Nennt man wohl Naturtalent.
Ich bekam daraufhin ziemlich viele Rückmeldungen von Menschen, deren Mütter ihnen auch die Welt öffneten in vielerlei Hinsicht. Denen schrieb ich zurück, dass es im Journalismus fast tabu sei, (sehr) Privates zu verraten. Aber die diesmaligen Reaktionen würden mir zeigen, dass es so falsch nicht sei, seine nächsten und wichtigsten Vorbilder offiziell zu ehren.
Ja, Mütter sind groß und lassen uns nie los, selbst wenn sie schon gar nicht mehr da sind, in meinem Fall bereits 25 Jahre, antwortete ich diesen Leserinnen und Lesern. Eine ganz besondere unter ihnen schickte mir zur Bestätigung dieser ewigen Mutter-Kind-Nabelschnur ein Lied von Reinhard Mey, das ich Ihnen nicht vorenthalten möchte. Darin heißt es:
„Mit Liebe und aus nichts macht sie
mir Spielzeug und mit Phantasie
eine glückliche Zeit aus bitt‘ren Zeiten…
Allen phantasievollen Glückszeitenmacherinnen rundum sei also dieses Lied gewidmet, leider nur online. Weil Reinhard Mey, der inzwischen bald 82 ist und selbst 2014 seinen erst 32-jährigen Sohn Frederik auf tragische Weise verlor, live schon länger nicht mehr auftritt.
Michael Tschida