Die Geschichte der „Childless Cat Ladies“ hat eine lustige und eine weniger lustige Seite. Wir starten mit der lustigen. Taylor Swift ist nicht nur der größte lebende Popstar und hat 280 Millionen Follower alleine auf Instagram, sie ist auch eine „childless cat lady“, quasi eine Katzenmutter. In dieser Pose wurde sie 2023 aufs Cover des „Time Magazine“ als „Person of the Year“ gehoben, in dieser Pose untermauerte sie ihr Posting, als sie nach der US-Wahldebatte ihre Unterstützung für Kamala Harris zeigte. Mittlerweile gibt es Sticker und T-Shirts, auf denen „childless cat lady“ gedruckt steht, gerne verbunden mit feministischen Kampfsujets. Taylor Swift hat unlängst in der „Today Show“ von Jimmy Fallon in einer Art Wettkampf fast 30 Katzen-Rassen innerhalb einer Minute aufgezählt. Bei der Emmy-Verleihung letzte Woche scherzte Schauspielerin Selena Gomez auf der Bühne mit ihren „Only Murders in the Building“-Kollegen Steve Martin und Martin Short, dass sie sich geehrt fühle, mit Menschen zu arbeiten, die „so weit weg von einer kinderlosen Katzen-Frau“ seien.
Soll heißen: In den USA ist eben alles auch ein bisschen Show und Entertainment. Warum jetzt die Katzen so in den Fokus geraten, ist aber politisch betrachtet eben nicht nur lustig. Donald Trumps Vizepräsidentschaftskandidat JD Vance meinte in einem Interview mit Tucker Carlson, dass das ganze Land mittlerweile von „unglücklichen kinderlosen Cat Ladies“ regiert würde. Kinderlose seien „wenig stabil“ und deshalb wohl auch nicht geeignet, politisch zu gestalten.
Gemeint war damit die kinderlose Kamala Harris, obwohl man das nur behaupten kann, wenn man ihre beiden Stiefkinder nicht mitzählt. Warum also werden Frauen ohne Kinder, aber mit Katzen als derart gefährlich eingestuft?
Unabhängigkeit von Frauen ist in konservativen Kreisen weltweit keine Jubelbotschaft. Noch vor ein paar Jahrzehnten, ohne eigenes Bankkonto und ohne Anti-Baby-Pille, war es für Frauen fast unmöglich, ein autonomes Leben zu führen. Mittlerweile müssen Frauen aber nicht mehr zwingend verheiratet und hauptberuflich Mutter sein, im Gegenteil. Frauen entscheiden sich für ein Leben ohne Kinder oder sie können (trotz großem Wunsch) einfach keine bekommen. Das Attribut der „cat lady“ soll aber noch etwas anderes transportieren: Diese Frau hat sich statt Kinder für Katzen entschieden und das ist schlecht für unsere Gesellschaft. Die Katze wird hier zu einem dystopischen Kind-Ersatz und die Frau dahinter fast dämonisiert. Das allerdings ist nicht neu und hat ebenfalls eine popkulturelle Note. Die „crazy cat lady“ etwa, die auch in der legendären Serie „The Simpsons“ immer wieder einmal auftaucht, ist verrückt, eigenbrötlerisch, jedenfalls unberechenbar.
An der Stelle nur eine kleine Randnotiz, weil die „Simpsons“ ja in Springfield spielen und just dort gerade - wenn man Donald Trump glaubt - Einwanderer aus Hawaii Hunde und Katzen essen sollen. Die Haustiere haben es in diesem Wahlkampf ganz schön schwer. Mittlerweile hat Trump übrigens zugegeben, dass er sich da vielleicht getäuscht hat. Naja.
Doch die „crazy cat lady“ ist eine alte Zuschreibung, schon im Mittelalter hatte eine Hexe natürlich immer auch eine Katze bei sich. Aber so weit müssen wir gar nicht zurückgehen, JD Vance wollte nämlich vermutlich etwas anderes auslösen. Und das bringt uns zum zweiten Begriff, der gerade in den USA diskutiert wird. Die „Tradwife“, also die traditionelle Hausfrau. Sie ist, im Gegensatz zur „childless cat lady“ ganz und gar mit Reproduktion beschäftigt und zeigt das (natürlich) auf den Sozialen Medien in aller klischeehaften Schönheit. Und wenn Taylor Swift die Botschafterin der Katzenfrauen ist, dann wäre Hannah Neeleman aka Ballerinafarm jene der Tradwives. Die ehemalige Schönheitskönigin aus Utah lebt ein sehr traditionelles und konservatives Familienleben, extrem idyllisch inszeniert und nur leistbar, wenn man sehr reich ist. Das ist sie auch, denn ihr Schwiegervater besitzt die meisten Fluglinien Südamerikas, das Vermögen ihres Mannes wird auf 450 Millionen Dollar geschätzt und sie selbst macht mit der Idylle der kinderreichen Familie samt Lifestyle von „Meine kleine Farm“ gute Geschäfte mit 10 Millionen Followern.
Ruinieren uns die Tradwives den Feminismus?
Real ist dieses Leben nicht, doch angesichts von steigendem Druck auf Gesellschaft insgesamt und Frauen im Speziellen, ist es auch verständlich, dass sich manche ins Land der selbstgebackenen Brote, dem Gemüsegarten und den süßen Kindern wünschen. Real sieht es für Frauen, die Kinder kriegen, aber so aus: Mutterschutz oder Karenzzeit gibt es in den USA nicht, von den 8 Wochen, die eine Frau durchschnittlich nach der Geburt zu Hause ist, sind nur vier bezahlt. Öffentliche Kinderbetreuung ist so gut wie nicht vorhanden. Nur, wenn Firmen selbst aktiv werden und ihre Mitarbeiterinnen unterstützen, ist die Geburt eines Kindes nicht ein finanzielles Hochrisikoprojekt. Der Streamingdienst „Netflix“ etwa hat sich damit 2015 einen Namen gemacht und bezahlt Müttern oder Vätern bis zu 12 Monaten Karenzzeit. Das ist die Ausnahme. Es ist daher nicht besonders attraktiv, ein Kind zu bekommen. Dennoch bekommen ziemlich viele, junge, Frauen ungewollt Kinder, weil das Thema tabuisiert ist. Fast jede Minute wird ein Teenager in Amerika ungewollt schwanger. Letzter politischer Punkt dazu: Die vielfach diskutierten Abtreibungsgesetze. Je nach Bundesstaat sind sie unterschiedlich, in Florida etwa ist Abtreibung ab der sechsten Woche verboten. Und in Summe wollen all diese Gesetze zwar bestimmt Kinder schützen, aber sicher nicht Frauen.
Dass bei all den Nachteilen für Frauen in den USA die humorvolle Rezeption gerade überwiegt, darf als feministische Überlebensformel gewertet werden.