Auch wenn alle noch den Sommer genießen, in fünf Wochen ist Schulbeginn. Martin Schenk von der Armutskonferenz belegte zuletzt mittels Studie, dass es einfach nicht stimme, dass die Schule hierzulande gratis sei. Er bezog sich bei seiner Kritik auf eine Schulkostenstudie des einstigen Sora-Instituts (umbenannt in Foresight Research Hofinger): Von Heften, Handarbeitszeug und Malfarben bis zu den Wandertagen belaufen sich die Ausgaben der Eltern pro Kind und Jahr in der Volksschule auf 1400 Euro, und in der Oberstufe auf knapp 1700 Euro. In Österreich ist laut Statistik Austria fast jedes 5. Kind armutsgefährdet. Besonders häufig betroffen sind Kinder in Haushalten mit mehr als drei Kindern.

Der französische Ökonom Thomas Piketty hat mit seiner Theorie der wachsenden Ungleichheit eine Debatte über die Gerechtigkeit in der Welt geführt. Er steht auf dem Standpunkt, dass sich eine Gesellschaft nur positiv verändert, wenn die einen nicht auf einem Schuldenberg geboren werden, während anderen quasi die Millionen in die Wiege gelegt werden. Seine radikale Idee: Jeder Mensch erhält bei Erreichen des 25. Lebensjahrs 120.000 Euro vom Staat, Piketty träumt von einer „Erbschaft für alle“. Finanzierung durch Umverteilung ist das Credo des linken Denkers. Ungerechtigkeiten seien nicht Gott gegeben, Ungerechtigkeiten könnten angegangen werden.

Auch Ciani-Sophia Hoeder hat sich in ihrem aktuellen Buch „Vom Tellerwäscher zum Tellerwäscher“ damit beschäftigt, wie sehr die soziale Herkunft das Leben beeinflusst. Die 33-jährige Berlinerin rechnet darin gehörig mit der hoch gehaltenen Chancengleichheit ab. Der soziale Aufstieg sei heute wieder schwerer, schreibt sie. Und sie hält es mit Marlene Engelhorn: Personen werden nicht reich, sie sind es. Laut aktuellen Studien dauert es nämlich „sechs Generationen, bis die Nachkommen einer wenig vermögenden Familie das landesweite Durchschnittseinkommen erreichen“, sagt Hoeder.

„Die einen denken, die anderen putzen“ - den Satz, den sie aufgeschnappt hatte, habe die Autorin angetrieben, Ursachen für soziale Ungleichheit und Ungerechtigkeit genau zu untersuchen. Ihr Fokus liegt auf Feminismus, Klasse und Rassismus. Drei große Brocken. Hoeder unterscheidet zwischen einer subtilen und einer faktischen Diskriminierung: „Es gibt Konzepte, die eine Gruppe von Menschen davon abhält, sich frei entfalten zu können.“

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Mit einem vielschichtigen Blick habe sie dieses Buch geschrieben: „Als schwarze Frau, die aus der prekären Schicht stammt.“ Ciani-Sophia Hoeder war selbst von Armut betroffen: „Meine Mama und ich waren richtig arm.“ Sie schämte sich, wenn sie zur „Berliner Tafel“ gingen und Lebensmittel einpackten, sie erzählte davon niemandem. Ihre Mama arbeitete zwar immer, doch als Alleinerzieherin ging es sich einfach nie aus. „Es gibt Menschen, die arbeiten sehr viel und sind arm. Es gibt Menschen, die arbeiten sehr viel und sind reich“, sagt Hoeder. Sie selbst biss sich durch, maturierte, studierte, wurde freie Journalistin und Autorin und arbeitete zuletzt im Rahmen eines Thomas Mann Fellowship in Los Angeles. Ist Bildung also der Schlüssel für soziale Gerechtigkeit? Hoeder verneint.

Auch der französische Soziologe Pierre Bourdieu stellte in seinen Untersuchungen fest, dass das Bildungswesen soziale Ungleichheiten nicht abbaut, sondern wiederholt. Die Menschen müssten sich vom Glauben an das Märchen „Vom-Tellerwäscher-zum-Millionär“ verabschieden, es brauche einen gesamtgesellschaftlichen Ansatz. Hoeder denkt dabei an Schlagwörter wie Grundeinkommen oder höhere Besteuerung von Wohlstand. Und sie wird wütend: „Die einen sollen sich aufopfern, pflegen, sich den Körper wund arbeiten, während die anderen Schlupflöcher nutzen, um Steuern zu sparen.“ Eine Aufräumerin werde schlecht entlohnt, dabei mache sie wichtige Arbeit, denn Menschen würden krank werden, wenn Büros verdrecken. Die Einkommensschere sei in den vergangenen Jahrzehnten allerdings immer weiter auseinandergegangen, sagt die Autorin: „1965 verdiente ein CEO in Deutschland noch 20 Mal so viel wie durchschnittlich Arbeitende, heute verdient er 300 mal so viel. “

Ciani-Sophia Hoeder hat sich in ihrem aktuellen Buch „Vom Tellerwäscher zum Tellerwäscher“ damit beschäftigt, wie sehr die soziale Herkunft das Leben beeinflusst.