James Heckman ist Wirtschaftswissenschafter, im Jahr 2000 wurde der Amerikaner mit dem Nobelpreis für Ökonomie ausgezeichnet. Besonders setzt er sich aber für das Wohl von Kindern ein. Sein Credo: Gebt den Kindern eine Chance, sich zu entfalten. Im „Wall Street Journal“ schrieb er einmal einen auch für Entwicklungspsychologen interessanten Beitrag mit dem Titel „Catch ‘em Young“ , fangt sie früh ein. Er führte dabei den Nachweis, dass sich ein wohlwollendes Umfeld nicht nur auf die Person positiv auswirke, sondern auch auf die Gesellschaft: Jeder Dollar, so erklärte er sinngemäß, der in der frühesten Kindheit investiert werde, um den Kindern Geborgenheit zu schenken, zahle sich später um das mindestens Achtfache aus. Denn letztlich gehe es immer um eines: Das Urvertrauen in Kindern zu stärken. Das sei die Grundlage, sich auf die Welt und andere Menschen einlassen zu können.
Urvertrauen kommt zuerst
„Das Vertrauen in späteren Jahren kann sich erst entwickeln, wenn das Urvertrauen möglich war“, erklärt auch Psychotherapeut Reinhard Pichler. Am wichtigsten für das Kind sei die Geborgenheit. Ein Baby schreien zu lassen, sei grausam. „Will man ein Baby mit Urvertrauen ausstatten, dann gibt man ihm Nähe, Trost und berührt es. Intuitiv drückt man Babys, die weinen, an sich heran, weil sie sich dann meist beruhigen.“ Erlebe man das nicht „tut man sich ein Leben lang schwer damit, Vertrauen zu anderen Menschen und letztlich auch zu sich selbst aufzubauen“, sagt Pichler. Solchen Menschen fehle der Halt, sie seien verloren in der Welt.
Das Urvertrauen sei das Um und Auf im Leben jedes Menschen: Wesentlich für die psychische wie physische Gesundheit. Wesentlich aber auch für Verbesserung von kognitiven Fähigkeiten. Auch die Schweizer Psychoanlaytikerin Marianne Leuzinger-Bohleber erklärte in einem Vortrag einmal, dass die Neurowissenschaft darauf hinweise, dass „frühe emotionale Vernachlässigungen die Entwicklung des Gehirns langfristig schädigen.“
Verlässliche Zuwendung
„Wer sich nicht sicher sein kann, dass da jemand ist, der einen auffängt, wenn man fällt, tut sich ein Leben lang schwer, Vertrauen zu anderen aufzubauen“, erläutert Pichler. Urvertrauen könne sich nur durch die verlässliche Zuwendung entwickeln, „es ist die Wurzel unserer psychosozialen Festigkeit. In der Tiefe unserer Wurzeln liegt die Kraft, die uns in die Höhe wachsen lässt.“
An der Universität zu Köln forscht Detlef Fetchenhauer seit mehr als zehn Jahren zum Thema Vertrauen. In einem Gastbeitrag für „Die Zeit“ schrieb er zuletzt: „Urvertrauen entwickelt sich durch verlässliche Zuwendung. Wenn ein Neugeborenes weint, weil es Hunger hat, die Windel voll ist oder es ein Bäuerchen machen muss, und sich die Eltern dann um das Kind kümmern - es auf den Arm nehmen und trösten, die Windel wechseln oder ihm zu essen geben - , dann lernt es: ,Ich bin von Menschen umgeben, von denen ich weiß, dass sie mich lieb haben, auf die ich mich voll und ganz verlassen kann.‘ Doch mit seinem Forscherteam untersuchte er auch länderweite Vertrauenswerte und dabei zeigte sich, dass es mehr Vertrauen in Mitmenschen in Ländern wie Dänemark, Finnland und Norwegen gibt, weniger in süd- und osteuropäischen Ländern. Die Conclusio der Forscher: Es kommt somit auch darauf an, wie das gesellschaftliche und soziale Leben im Land funktioniert.