Es ist die erste Ausstellung ihrer Art, die sich mit der außergewöhnlichen Karriere des Models Naomi Campbell beschäftigt. Anhand der Arbeiten weltweit führender Designer und Fotografen feiern wir ihre kreativen Kollaborationen, ihren Aktivismus und ihren weitreichenden kulturellen Einfluss”. So kündigt das Victoria & Albert Museum in London sein Projekt “Naomi – In Fashion” an, das Mitte Juni eröffnet.
Bei der Vorpräsentation für die Presse war Naomi Campbell selbst anwesend und zeigte einige der Ausstellungsstücke. Dabei würdigte die 53-jährige Britin speziell die Arbeit von Edward Enninful, dem ersten schwarzen Chefredakteur der britischen “Vogue”. Der hatte sich diesen Februar vom legendären Modemagazin verabschiedet und dabei in New York nicht nur 40 legendäre Models auf einen Fleck zusammengebracht, darunter natürlich Naomi Campbell, sondern auch andere Stars wie Oprah Winfrey, Jane Fonda oder Miley Cyrus.
Campbell hob die Meriten von Enninful hervor, dessen Zielsetzung bei der Übernahme der Leitung der britischen “Vogue” im Jahr 2017 darin bestand, „das Magazin inklusiv zu machen“ - Errungenschaften, von denen sie dachte, sie würde sie „niemals sehen“.
Die Kämpfe um Gleichberechtigung würden weiter andauern. Campbell, die als erstes schwarzes Model auf den Titelseiten der “Vogue” selbst Geschichte schrieb, betonte beim Termin, sie habe einen Großteil ihrer fast 40-jährigen Karriere damit verbracht, dafür zu kämpfen, dass sie und andere weibliche „Models of Color“ in der Branche gleich behandelt werden. Und sie werde ihre Stimme weiterhin nutzen, um auf das Thema aufmerksam zu machen: “Meine Arbeit ist noch nicht getan”.
Und sie zeigt sich besorgt: „Ich fürchte, es gibt in der Modewelt einen Rückschritt bezüglich Vielfalt”. Eine Vielfalt, die sie selbst als Person am besten verkörperte und noch verkörpert. Dazu zählt nun auch die Ausstellung im Victoria & Albert Museum, an der sie selbst mitarbeitet und „rund 100 Looks und Accessoires“ zeigen wird, die ihre Karriere dokumentieren.
Campbell, die selbst enge Freunde mit der Geburt ihrer Tochter im Jahr 2021 und der ihres Sohnes im Juni letzten Jahres überraschte, sagte, es sei schwierig gewesen, „sich um meine beiden Babys zu kümmern und gleichzeitig diese Schau zu machen“. Sie sei „überwältigt“ davon, das Thema einer großen Ausstellung in diesem Haus zu sein, erklärte sie, und erinnerte sich an Freunde wie den Modedesigner Alexander McQueen, der sich 2010 im Alter von nur 40 Jahren das Leben nahm.
Fast verlegen erklärte Campbell, die Ausstellung werde „viele persönliche Gegenstände enthalten, die ich noch nie jemandem gezeigt habe. Es gibt eine intime Seite von mir, die viele Leute nicht kennen und noch nie gesehen haben, und sie kennen auch nicht die Geschichten hinter den Dingen, die ich präsentieren werde. Damit habe ich die Büchse der Pandora geöffnet“.
Ihr Hab und Gut sei auf Häuser in Spanien, Russland, Spanien und den USA verstreut. Umso mehr sei es nun ein Vorteil gewesen, ihr Archiv so intensiv zu durchforsten. „Ich denke, ich wollte es für meine Kinder aufbewahren, und jetzt ist es für sie besser geordnet. Vorher war es ein einziges Durcheinander, mit Kisten, Kisten, Kisten, die überall herumstanden“.
Die Ausstellung in London, die vom deutschen Unternehmen Hugo Boss gesponsert wird, mit dem Campbell vor Kurzem eine neue Linie auf den Markt gebracht hat, wird sich auch mit Campbells Kindheit im Süden Londons und ihren ersten Tanzauftritten befassen. Ihre Karriere auf den renommiertesten Laufstegen der Welt begann, als sie im Alter von 15 Jahren beim Einkaufen von einem Modelagenten angesprochen wurde.
Das Museum kündigte an, man werde auch die weniger glamourösen Momente in Campbells Biografie nicht aussparen: 2007 wurde sie in New York zu fünf Tagen gemeinnütziger Arbeit verurteilt, nachdem sie ein Handy nach ihrem Hausmädchen geworfen hatte - das Dolce-&-Gabbana-Kleid, das sie am letzten Tag ihrer gemeinnützigen Arbeit trug, wird auch in der Ausstellung zu sehen sein. 2008 wurde sie dann sogar zu 200 Stunden gemeinnütziger Arbeit in London verurteilt, nachdem sie in einem Flugzeug völlig außer sich war und Polizeibeamte angegriffen hatte, weil ihr der Kapitän der British Airways mitteilen musste, dass eines ihrer Gepäckstücke verloren gegangen war.
Doch Kuratorin Sonnet Stanfill lobte bei der Preview in London: „Naomi Campbells außergewöhnliche Karriere überschneidet sich mit dem Besten der High Fashion. Sie ist weltweit als Supermodel, Aktivistin, Philanthropin und kreative Mitarbeiterin bekannt, was sie zu einer der produktivsten und einflussreichsten Persönlichkeiten der zeitgenössischen Kultur macht.“
David Sanderson