Als eine Lokalzeitung in der australischen Metropole Sydney heuer im Februar einen Artikel über die Lebens- und Liebesgeschichte eines älteren Paars veröffentlichte, rechnete Chefredakteurin Kim Smee nicht damit, dass die Story wenig später um die Welt gehen würde.
Der Artikel sei sogar „für Leser in Hongkong übersetzt worden“, schwärmte sie kürzlich auf Facebook. Einige Leute habe die Geschichte sogar dermaßen berührt, dass sie über die betreffenden Personen weiter recherchiert hatten. Dazu postete Smee eine Illustration, die ein chinesischer Künstler von dem Paar angefertigt hatte, weil ihn dessen Geschichte so ins Herz getroffen hatte.
Seit mehr als 55 Jahren verheiratet
Bei besagtem Paar handelt es sich um Maureen und Jim – ihren Nachnamen und ihr genaues Alter wollen die beiden Australier nicht öffentlich preisgeben. Die beiden Pensionisten sind seit mehr als 55 Jahren verheiratet. Sie leben in der Nähe von Manly, einem idyllischen Strandvorort im Norden von Sydney jenseits der großen Bucht Sydney Harbour/Port Jackson, etwa 20 Minuten mit der Fähre vom Zentrum nahe der Oper entfernt.
Manly (ca. 45.000 Einwohner) gilt als einer der ruhigeren Stadtteile – hier gehen die Uhren etwas langsamer: Viele Locals kennen einander und stoppen gerne einmal für ein Pläuschchen am Straßenrand oder an der Strandpromenade. Auch die kleine Redaktion des „Manly Observer” hat eine enge Bindung an die Menschen hier. Und so kam man auch auf Maureen und Jim.
Vor vier Jahren wurden bei Maureen die letztlich unheilbaren neurologischen Erkrankungen Alzheimer und vaskuläre Demenz diagnostiziert. Ein Schock für die Familie. Anno 2021 stand es bereits so schlecht um Maureen, dass sie völlig geschwächt ins Krankenhaus gebracht werden musste. Jim hat man damals gesagt, dass sie das Wochenende wohl nicht überleben werde. Doch Maureen überlebte und kämpfte weiter, auch wenn sich ihr Zustand verschlechterte.
Seither habe er es sich zur Aufgabe gemacht, seiner Frau das bestmögliche Leben zu bieten, sagte Jim zum Manly Observer. „Meine Philosophie ist es, Maureen jeden Tag den besten Tag zu bieten, den sie haben kann.“ Obwohl er anfangs fürchtete, dass jeder Tag ihr letzter sein könnte, sagt er inzwischen: „Wir haben großes Glück.“ Denn viele Demenzpatienten würden ihre Persönlichkeit verändern, Maureen dagegen sei nach wie vor „dieselbe glückliche Person“.
Jim also geht mehrmals pro Woche mit Maureen in Manly Kaffee trinken oder essen und am Strand entlang spazieren. Dabei bemerkte er irgendwann, dass Maureen immer wieder versuchte, Passanten anzusprechen oder nach ihren Händen zu greifen. Meist sei das unbemerkt geblieben oder ignoriert worden. Da Jim nicht wollte, dass sich Maureen aufgrund ihrer Krankheit aus der Gemeinschaft ausgeschlossen fühlen könnte, überlegte er sich eine Lösung. Und sie sah so aus: Er ließ für sich ein auffälliges T-Shirt drucken, darauf die Aufschrift:
Seither nähmen sich viele Menschen aus allen Schichten die Zeit, sie anzusprechen. Darunter auch ausländische Touristen. „Ich möchte mich wirklich bei allen Leuten bedanken, die vorbeigekommen sind und sich mit Maureen unterhalten haben“, sagt Jim. Sie würden nicht nur Maureens Tag verschönern, sondern damit auch seinen eigenen Tag besser machen.
Nachahmenswerte Idee
Nachdem sich die Geschichte von Jim und Maureen primär via Internetmedien über die ganze Welt verbreitete, schrieben unzählige Menschen nicht nur begeisterte Kommentare über die innige Liebe des Paares. Etliche wollen die Idee auch nachahmen und solche T-Shirts für sich und ihre Angehörigen machen lassen.
Demenz betrifft weltweit immer mehr Menschen, vor allem in wohlhabenderen Ländern mit überdurchschnittlich hoher Lebenserwartung. Nach Angaben (Zahlen für 2022) des Australian Institute of Health and Welfare litten darunter zuletzt rund 400.000 der 26 Millionen Australier. In Deutschland waren es in jenem Jahr rund 1,8 Millionen Menschen, in Österreich waren zuletzt 130.000 bis 150.000 Personen an einer Erkrankung aus dem Formenkreis der Demenz betroffen. Meistens handelt es sich um Alzheimer.
Infolge der demografischen Veränderungen (Stichwort: Alterung der Gesellschaft) komme es inzwischen zu mehr Neuerkrankungen als zu Sterbefällen bei den Erkrankten, berichtet die Deutsche Alzheimer-Gesellschaft. Deswegen nehme die Zahl der Erkrankten kontinuierlich zu.