Ostern ist eine Kalorienerscheinung: religiös gestattete Nahrungsaufnahme. Das ist gut so, denn das Essen selbst ist ja längst zum todernsten Glaubensbekenntnis geworden. Zwischen Veganern, Flexitariern, Lacto-, Ovo- und Pescovegetariern, Frutariern, Fruganern und Freeganern toben ausufernde Religionskriege. Neutralität ist unmöglich, Widerspruch zwecklos. Als ich kürzlich mit eingefleischt Fleischlosen bei Tische saß, bestellte ich in einem Anflug von Todesmut eine gebratene Augsburger Wurst. Das war mein Augsburger Bekenntnis.

Sofort machte man mir den Ess-Prozess, die Eingeschworenen wurden zu vergorenen Geschworenen, das Wort „Fleischgericht“ bekam eine neue Bedeutung. Vergeblich plädierte ich auf Freispruch: Fleisch sei tierisch pflanzlich, nämlich das im Tier veredelte Weidegras. Diesen Pflanz ließ ich mir auf der Zunge zergehen, doch dann blieb mir die Spucke weg. Ich wurde in die Pfanne gehaut, fasste Schmalz aus und hätte fast ins Gras gebissen. Als Strafe musste ich zum korrekten Besser-Esser konvertieren. Seither studiere ich wissensdurstig und bildungshungrig bunte Nährwerttabellen, Inhaltsangaben und Ursprungszertifikate. Die Liste meiner Grundnahrungsmittel reicht von Falafel über Hummus und Hafermilch bis zu Jochpilzen, fermentierten Sojabohnen, Räuchertofu und Kichererbsencurry. Was man halt so braucht. Ich hoffe, Sie sind bewusstseinsmäßig nicht etwa bei Brot, Wurst und Käse steckengeblieben. Mahlzeit!