Gustav Klimt, Otto Wagner oder Josef Hoffmann – sie haben dem Jugendstil in seiner österreichischen Spielart zu Weltruhm verholfen. Dass sich Belgien mit seinem Art nouveau nicht zu verstecken braucht, stellt nun das Festival „Banad“ eindrucksvoll unter Beweis. Ab kommendem Wochenende geben private Hauseigner den Weg frei zu architektonischen Schmuckkästchen. Einer davon ist Michel Gilbert. Mit einem Lächeln heißt der Geschäftsmann die Besucher in seinem Stadthaus Hôtel Max Hallet willkommen. Gilbert kaufte das Haus vor fast 15 Jahren um drei Millionen Euro und renovierte es vom Dachboden bis zum Keller um nochmals 750.000 Euro. "Meine Tochter hat einmal gesagt, wenn man so ein Haus besitzt, muss man viel Geld haben und verrückt sein", meint er schmunzelnd. Besonderer Blickfang sind das Treppenhaus und die Veranda, die durch ihre florale Ornamentik, aber auch durch das Licht glänzen, das sich durch eine Glaskuppel im Dach den Weg ins Innerste des Hauses bahnt. „Man kann sagen, dass Victor Horta das erfunden hat“, erläutert Führer Dirk Van Roy.
Auf den Leib gebaut
Horta gilt als bedeutendster Architekt des belgischen Art nouveau. In Gent geboren, studierte Horta zuerst in Paris. Später schloss er seine Ausbildung an der Akademie der Schönen Künste in Brüssel ab. Die Hauptstadt sollte dann auch sein Hauptbetätigungsfeld werden. 30 Häuser baute er im Laufe seiner Karriere den jeweiligen Eignern auf den Leib und schuf damit Einzigartiges. So sind sowohl die Veranda als auch die floralen Muster eine Hommage an die einstige Hausherrin, eine Blumenliebhaberin.
Belgien und seine reichen Fabrikanten
Ein eigenes Raucherzimmer kreierte Horta wiederum für Émile Tassel – auch dieses Haus eines ehemaligen Brüsseler Universitätsprofessors ist heute zu besichtigen – von seiner olfaktorischen Vergangenheit ist in dem Zimmer übrigens nichts mehr bemerkbar. Die Spuren des Architekten sind allerdings deutlich zu sehen: sichtbare Glas-Eisen-Konstruktionen und Licht von oben. Eine besonders schöne Glaskuppel wölbt sich über das Hôtel Solvay, das 1895 ein Sodafabrikant in Auftrag gab. „Viele Belgier waren um die Jahrhundertwende zu Reichtum gekommen – auch auf Kosten der damaligen belgischen Kolonie Kongo“, erzählt Mélanie Saussez von Explore Brussels. Und dieses Geld wurde investiert – auch in die eigenen Wohnhäuser.
Zu sehen – zumindest von außen – ist dies auch am Palais Stoclet mitten in Brüssel, erbaut vom Wiener Josef Hoffmann...