Aus der Autoperspektive wirkt es abwechslungsreich gewellt, undurchschaubar vernetzt und im Vergleich zu anderen Landschaften in der Steiermark in Sachen Fahrradtouren noch immer ein wenig unterschätzt: Das Thermen- und Vulkanland ist als Urlaubsdestination zwar für die namensgebenden geologischen Besonderheiten und ihre touristische Nutzung bekannt – die sechs Thermen der Region füllen die Gästestatistiken des Landes federführend.
Für Radausflüge abseits ambitionierter Trainingsfahrten oder der irgendwann durchgekauten Flusstäler blieb das Hügelland im Osten aber lange im Schatten. Steht man beispielsweise mit erhöhter Pulsfrequenz und leicht verschwitzt vor der Hubertuskapelle am Ortsrand von Unterlamm, weiß man auch warum: Die Anstiege auf die Hügelrücken sind zwar nicht lange, nehmen es aber in puncto Steilheit mit jeder Bergwertung bei der Tour de France auf.
Bestätigt wird dieser Eindruck später rund um die Riegersburg. Kaum den Fahrtwind der hart verdienten Abfahrt genossen, wartet schon die nächste kurvige Bergauf-Passage. Wenn man es sportlich mag, das perfekte Terrain.
Für die Neigungsgruppe „Gemütlich-mit-Genuss“ musste dagegen erst das E-Bike erfunden werden, um die Eroberung der Region mittels Zweirad zu einer ernsthaften Alternative zum Thermenliegestuhl werden zu lassen. In Kombination mit neun ausgeklügelten und abwechslungsreichen Touren weitet sich so der Bewegungshorizont. Das entsprechende Angebot der regionalen Übernachtungsbetriebe mit kompletten „Bett & Leihrad“-Paketen vernichtet letzte Ausreden.
Zur besseren Orientierung sind die Touren in die vier elementaren Themenkapitel Feuer, Erde, Luft und Wasser aufgeteilt. In der geografischen Mitte: die beiden Luft-Touren. Die Runde beginnt topografisch harmlos in Fürstenfeld. Schon nach dem ersten, wohl nicht zufällig „Krafthügel“ genannten Anstieg bei der Therme Loipersdorf weiß man, was man an den „Strom-PS“ unterm Sattel hat.
Auf sich durch den Wald schlängelnden, nicht durchgehend vom Autoverkehr isolierten, aber wenig befahrenen Straßen geht es Richtung Unterlamm. Und wieder giftig bergauf – dank „Eco-Mode“ aber egal. Selbiges gilt nach dem brettflachen Raabtal für die Hügelkette rauf nach Bergl und rüber nach Riegersburg.
Müsste man das alles mit reiner Muskelkraft bewältigen, bliebe deutlich weniger Kraft für die Verkostungen von Schokolade (Zotter), Käse (Käsekunst Manufaktur), Whisky (Ruotker’s) oder Edelbränden (Gölles). Am Ende ist beides leer: der Akku am Rad und die Kostprobe am Tisch.
Zu einem ähnlichen Resultat, aber über einen anderen Weg führt die Feuer-Tour weiter im Süden. Von Bad Gleichenberg aus startet man Richtung St. Anna am Aigen und radelt hier auf den Spuren der Vulkane, denen diese Landschaft ihr Profil verdankt. Der Gleichenberger Kogel gilt als einer der ältesten Vulkane, der Stradner Kogel, den diese Route umrundet, ist der höchste Vulkane der Region.
Heute sind seine und die umgebenden Hänge begehrte Lagen für autochthone Weine wie den Klöcher Traminer. Den Rosenberg hinauf kann man noch einmal die Vorzüge des stromunterstützten Radelns und den Blick auf die Kirchenkrone von Straden genießen.
Und sollte es einmal regnen oder man eine Pause benötigen, empfiehlt sich ein Besuch bei den Urahnen des E-Bikes im Oldtimer-Motorrad-Museum Legenstein in Jamm. Hier reihen sich die Pioniere der motorisierten Zweiradgeschichte aus einhundert Jahren aneinander – unter anderem sämtliche Modelle der Marke Puch ab dem Baujahr 1903 bis zum Ende der Motorradproduktion. Sehenswert.
Klaus Höfler