So schnell gibt er sich nicht geschlagen, der Winter. Da kann im Kalender noch so fett „Frühlingsbeginn“ stehen. Der Himmel hat in den vergangenen Tagen jedenfalls erneut seine Schneekanonen gezündet und in den meisten Skigebieten kräftig nachgezuckert. Auch auf der Riesneralm. Nicht dass der als „schwarze Piste“ ausgewiesene Europacup-Hang rechts neben dem Vierersessellift das gebraucht hätte.
Er war auch so optimal präpariertes Carving-Terrain. Unlustig ist das Dahinkurven in der frisch gelieferten Neuschneepracht aber auch nicht. Der angepeilte Saisonschluss zu Ostern (5. April) ist damit ungefährdet. Abseits aller coronabedingten Kalamitäten wird für Bergbahnen-Geschäftsführer Erwin Petz dann ein Winter der Selbstbestätigung zu Ende gehen: „Die 20 Millionen Euro, die wir in den letzten 17 Jahren investiert haben, haben wir gut investiert.“
Fünf Millionen flossen zuletzt allein in die Aufrüstung der Beschneiungsanlage und in den Bau eines Kleinwasserkraftwerks, das mittlerweile zweieinhalb Mal mehr Strom erzeugt, als für den Betrieb des Skigebiets selbst gebraucht wird. Zudem habe sich das amerikanische Bewirtschaftungsmodell – wenig Lifte (3), viele Pisten (15) – angesichts geschlossener Beherbergungsbetriebe und damit fehlender Nächtigungsurlauber bewährt. Als Teilkompensation habe man viele neue Tagesgäste dazugewonnen, die den Weg „ans Ende der Welt“ (Petz) fanden.
Tatsächlich nähert man sich ab der Abzweigung im Ennstal Richtung Donnersbachwald sukzessive dem Ende straßenbautechnisch erschlossener Zivilisation. Kurz nach der Talstation der Riesnerbahn ist dann endgültig Schluss. Hier strandet keiner zufällig, hier gibt es keine Laufkundschaft. Hier muss man bewusst herwollen. Dafür belohnt einen das Skigebiet mit fast schüchterner Größe. Denn nimmt man nicht die Zahl der Lifte, sondern jene der Pistenkilometer her, rangiert die Riesneralm mit ihren 32 Kilometern beinahe auf Augenhöhe mit dem Hauser Kaibling.
Abheben von der Konkurrenz tut man sich mit einem im Marketingsprech geschickt zur „ersten Kinderskischaukel Österreichs“ hochgejazzten Angebot für den Nachwuchs. Er kann in Talstationnähe auf einem großzügigen Zwergerlhang- und Zauberteppich-Areal seine ersten Bogerln üben. „Wir wollen kein Familienskigebiet sein“, überrascht Petz.
Für ihn impliziere diese Bezeichnung nämlich sich auf Babyhängen fadisierende Eltern. Das sei hier nicht notwendig, weil fast alle Wege der „erwachsenen“ Pisten am Kinderareal vorbeiführen. Tatsächlich hat man nur vom Sechsersessellift und den dortigen Pisten mit den vielversprechenden Namen „5-Stern“ und „Die Schneidige“ einen etwas längeren Anfahrtsweg Richtung Kinderparadies.
Diesen „Dorfcharakter“ (Petz) wolle man selbstbewusst konservieren, darin liege das Unterscheidungspotenzial zu den großen Remmidemmi-Skigebieten. Diesbezüglich ist man – für eine Liftgesellschaft eher ungewöhnlich – zuletzt auch als Grundstückskäufer aktiv geworden, um sich nicht plötzlich gewinnmaximierenden Hüttendorf- und Zweitwohnsitz-Investoren gegenüberzusehen.
Ganz so verschlafen, wie das jetzt klingen mag, ist Donnersbachwald ohnehin nicht: Auf 320 Einwohner kommen in covidfreien Jahren bis zu 100.000 Gästeübernachtungen. Warum sie kommen, wird bei einem Blick von der weit über den Hang schwebenden Terrasse des „Hochsitz“, der (derzeit geschlossenen) zentralen und architektonisch auffälligen Hütte auf der Gipfelkuppe klar: mehr Naturpracht geht nicht.
Von Klaus Höfler