Man kennt das sonst nur aus den Dolomiten: Lifte, die sich Berghänge hinaufschleichen, bis sie irgendwann an einer zu steilen Felswand kapitulieren. Das ergibt meist eine alpine Arena-Atmosphäre, die Skifahrer zu ameisenkleinen Statisten auf einer XXL-Naturbühne macht.
Die ohnehin derzeit beinahe verunmöglichte Reise nach Südtirol kann man sich sparen. Eine Fahrt ins Mürztal und weiter Richtung Veitsch reicht völlig. Sofort drängt er sich einem unverrückbar ins Blickfeld: der mächtige, vom Süden fast wie ein monolithischer Block wirkende Höhenzug der Hohen Veitsch. Ein paar Serpentinen später endet die Straße auf einem Parkplatz und die Aussicht an der Felswand. Auch wenn die warmen Temperaturen der letzten Tage das Winterkleid der Brunnalm schon ordentlich zerfleddert haben, zieht es einen nach oben.
Tourengeher nutzen dafür die populären Wege durch den Wald und über der Baumgrenze, die wie Ziernähte zickzack durch die Schneefelder verlaufenden Aufstiegsrouten Richtung Teufelssteig, Schallerrinne, Graf-Meran-Haus oder Breitriegel und später aufs Gipfelplateau auf knapp 2000 Meter Seehöhe. Liftbenutzer schaffen es mit zwei der vier Lifte immerhin auch bis auf 1450 Meter.
Seit 61 Jahren gibt es hier bereits Aufstiegshilfen für Skifahrer. Der erste Lift war eine Idee, die in der Wirtsstube des Gasthauses Scheikl geboren wurde, das auch heute noch betrieben wird. Um das Vorhaben zu realisieren, wurde die Bevölkerung um Spenden nach dem Modell „Geld gegen Gratisbenutzung“ gebeten – eine Frühform des heute populären Crowdfundings.
Für die technische Hilfe fragte man bei der schon damals marktbeherrschenden Firma Doppelmayr um Pläne an. Sie kamen. Und so wurde das eisenverarbeitende Wissen der RHI in Veitsch genutzt, um auf dem dortigen Firmengelände die Liftstützen und Antriebskomponenten für den Urahn des heutigen Brunnalmlifts zusammenzuschweißen.
Mittlerweile ist die später installierte Beschneiungsanlage an ihre Grenzen gestoßen. Der kleine Teich zwischen Brunnalm und dem 2008 errichteten Sessellift liefert zwar Wasser, die Pumpleistung der Leitungen reicht aber nicht zur Beschneiung der Lifttrassen. Das schränkt ein. Noch. Denn in der Gamsmugl-Bar, vor der normalerweise gleich neben der Piste auf einer ausgebauten Sonnenterrasse Gemütlichkeit zelebriert wird, stapelt Freizeitbetriebe-Chef Arno Ruß derzeit ehrgeizige Ausbaupläne.
Der heurige Winter war diesbezüglich zwar kein Turbo. „Aber wir dürfen nicht jammern, ich bin froh und zufrieden“, sagt Ruß und verweist auf Stamm-, aber auch viele neue Gäste, die den Weg auf die Brunnalm (wieder-)gefunden haben.
Ähnliches gilt für das eine Hohe-Veitsch-Überquerung weiter nördlich gelegene Niederalpl: Ein Gästeansturm während der Ferien in Niederösterreich und Wien ließ die Betreiber aufgrund der covidbegrenzten Kapazitäten sogar eine „Sperre“ ausrufen. Davon ist jetzt, wenige Betriebstage vor Saisonende, nichts mehr zu merken. Der Firnschnee auf den familienfreundlichen Südhängen da wie dort gehört einem fast allein.
Von Klaus Höfler