Drüben, auf der anderen Seite des Klagenfurter Beckens, braucht es den höchsten aus Holz gebauten Aussichtsturm der Welt, um das Panorama einfangen zu können. Selbstverliebt schraubt er sich am Pyramidenkogel hundert Meter in den Himmel.
Am Kruckenspitz reicht ein Schlepplift. Lässt man an der Bergstation den Bügel hinter sich, breitet sich vor einem halb Kärnten aus. Sofern man es sehen kann. Denn während das Tal nicht selten in einem zähen Nebelsumpf erstickt, verwandeln heroben auf 1888 Metern ungestörte Sonnenstrahlen den Schnee in ein Glitzermeer. Auch der Nachbarberg, der nur um 140 Meter niedrigere Kegel, strahlt im Jännerlicht.
Die Hochrindl weiß, wie man sich in Szene setzt. Das kleine Skigebiet, 45 Autominuten nördlich von Klagenfurt, funktioniert an Lockdown-getrübten Tagen als automatischer Stimmungsaufheller. Skifahrer, aber auch Winterwanderer und Langläufer wissen das zu schätzen. Die an mehreren Einstiegsstellen direkt neben den Pisten gelegenen Parkplätze sind gut gefüllt.
Die hohe Nachfrage zaubert auch Alexandra Bresztowanszky ein Lächeln ins Gesicht. Die 48-Jährige sitzt am Sessellift, schaukelt über ihre persönliche Lieblingspiste und schwelgt in Erinnerungen. Zusammen mit ihrer Schwester ist sie hier am Berg aufgewachsen. Als Kinderzimmer dienten im Winter die weitläufigen Pisten und buckeligen Waldwegerln.
Kein Einzelschicksal. „Halb Kärnten hat hier Skifahren gelernt“, sagt sie.
Tatsächlich gilt die Hochrindl als Hauptzielhafen für Skikurse von Kindergärten und Volksschulen. Für die Elterngeneration hat sich der Skiberg mit seinen sechs Liften als Tagesausflugsdestination etabliert. „Wir bieten abseits alpiner Touristenströme noch das Ursprüngliche, Authentische“, lockt Bresztowanszky in Corona-Abstandszeiten mit Liegestühlen am Pistenrand.
Die Ruhe abseits des Skibetriebs ist nicht zuletzt dem Mangel an (derzeit geschlossenen) Übernachtungsmöglichkeiten vor Ort geschuldet. Bis auf eine Handvoll mietbarer Almhüttenbetten gibt es nichts. Noch nicht. Eine 150-Millionen-Euro-Investition in ein Resort mit Hotel, Chalets, Gesundheitszentrum, Freizeit- und Sportanlage steht in den Startlöchern.
Diese Perspektive war mit ausschlaggebend dafür, dass Bresztowanszky vor drei Jahren ihre Herzensliebe zur Hochrindl zu einem beruflichen Abenteuer verdichtete: Die Unternehmensberaterin, die davor rund um die Welt aktiv war, kaufte die Lifte, die mehrmals wirtschaftlich unter Wasser gestanden waren. „Viele haben uns damals angesichts des Risikos für verrückt erklärt“, erinnert sie sich.
Denn zur Zukunftsabsicherung gehörte auch der Bau eines Speicherteichs für die Beschneiungsanlage. Die Neo-Liftbetreiberin schaffte es, 90 Prozent der Investitionssumme von drei Millionen Euro aufzustellen. Die übrigen 300.000 Euro kamen durch eine Crowdfunding-Aktion von Hochrindl-Fans zusammen. Regionale Firmen und 422 private Spender sicherten so den Fortbestand des Brutkastens der Kärntner Skifahrerszene.
Von Klaus Höfler