Malta. Okay, Malta ist eine Insel und hat dementsprechend viel Meer rundum. Aber das Kärntner Malta geizt auch nicht gerade mit Wasser und hat außerdem einen Staudamm. Auch wenn sie nur knapp 2000 Einwohner hat: Die Gemeinde ist nach Wolfsberg die zweitgrößte Kärntens. Und das zugehörige Maltatal mit der imposanten Kölnbreinsperre, der größten Talsperre Österreichs mit einer Höhe von 200 Metern, die man auf der reizvollen Hochalm-Mautstraße mit sechs Natursteintunnels ansteuert, wird aufgrund der vielen Wasserfälle auch „Tal der stürzenden Wasser“ genannt. Die 3000er rundum mit Hochalmspitze, Großem Hafner und Reißeck (na ja, fast: 2965 Meter) ergeben ein Ehrfurcht gebietendes Panorama, die Gegend gilt als eines der bekanntesten Klettergebiete im Alpe-Adria-Raum und lockt sommers wie winters.
Slowenien. Kürzlich schickte mir eine ganz liebe Freundin per SMS Fotos und Grüße aus „Slovenje“. Da ich mir nicht ganz sicher war, funkte ich ihr und ihrem Mann retour: „Und? Müsst Ihr dann also nach der Rückkehr 14 Tage in Quarantäne?“ Mussten sie nicht. Slovenje oder deutsch Slovenjach ist ein Ortsteil von Globasnitz im Bezirk Völkermarkt mit elf Einwohnern, und durch den wanderten sie auf den 842 Meter hohen Hemmaberg, der archäologisch eine wahre Fundgrube ist. Von der spätgotischen Wallfahrtskirche aus hat man herrliche Ausblicke auf die Karawanken.
Venedig. Wer Sehnsucht nach Venedig hat, muss entweder straffen Schenkels auf den 3657 Meter hohen Großvenediger zwischen Salzburg und Osttirol. Oder er besucht, wenn er es gern flachländischer hat, Klein Venedig in Kärnten: Der 64-Einwohner-Ort liegt in der Marktgemeinde Grafenstein östlich von Klagenfurt. „Gondeln sucht man bei uns in Klein Venedig leider vergeblich“, heißt es dort augenzwinkernd. Vorteile wiederum: Man muss nicht Eintritt zahlen, und Acqua alta gibt es dort auch nicht. Wobei: Früher war in der Gegend ein Moor, das erst während des Ersten Weltkrieges entwässert wurde. Vielleicht wurde der Ortsname also wegen Tümpel und Lacken ironisch erdacht.
Amerika. Wer in Amerika nicht einfach nur urlauben, sondern dorthin auswandern will, muss nach Oberösterreich. Damit würde er die Einwohnerzahl von Amerika, wie ein Ortsteil von Eitzing im Innviertel benannt ist, auf acht hochschrauben. Wie der Flecken der 750-Einwohner-Gemeinde mit nur zwei Häusern zu seinem Namen kam? Eine Legende besagt, einst habe ein Viehhändler aus Obernberg geätzt, die Straßen hier seien so schlecht wie im Wilden Westen. 2010 berichteten die „Oberösterreichischen Nachrichten“, dass Friedrich Freund in einem Brief ans Weiße Haus Barack Obama zu dessen Wahlsieg gratuliert und ihn eingeladen hatte, Eitzings Amerika zu besuchen, aber leider nie Antwort erhielt: „Vermutlich weiß er, dass in unserem Amerika alles in Ordnung ist und er in seinem Amerika ohnehin genug zu tun hat“, sagte der damalige Bürgermeister der Rieder Gemeinde.
Türkei. In der Jugend fuhren wir oft und gern in die Türkei. Mit dem Radl nämlich. Dorthin brauchten wir von Villach aus auf dem Weg zum Baden am Faaker See nur so an die 30 Minuten. Eine Tafel bei Egg am See verspricht: „Türkei. Tal der Ruhe und Erholung.“ In dieses weist eine Figur mit Turban, Pluderhose und aufgebogenen Khussa-Schuhen. Den Namen erhielt das einen Kilometer lange, von einem Bach durchflossene Sacktal, in dem 26 Anrainer wohnen und das schön zu durchwandern ist, in Erinnerung an die Belagerung durch die Türken. Diese fielen in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts mehrmals von Friaul oder Krain nach Kärnten ein und schlugen 1478 in der Gegend ein Heerlager auf. Als Dank für die Abwehr des Ansturms der Türken auf die Stadt Villach werden nahe Maria Gail auch heute noch jeden Samstag um 15 Uhr die Kirchenglocken geläutet.
Russland. Wetten, dass man in Russland Bananen findet? Um dieses Rätsel zu lösen, besuche man Schwoich, den 2500-Einwohner-Ort im Bezirk Kufstein. Bereits 1841 wurde dort, im Gremmtal oder dem sogenannten „Russland“ mit seinen Kalk- und Mergelsteinbrüchen, von den Brüder Franz und Anton Kink Zement gebrannt. Damit gilt „Russland“ als Geburtsstätte der österreichischen Zementindustrie. Das Wappen der Tiroler Gemeinde unterstreicht dies mit einem Brennofen auf blauem Grund. 1987 hat man mit der Firma Perlmoser zwei ehemalige Brennöfen restauriert und hinter einer wuchtige Steinmauer mit einem großen Eingangstor als „Zement-Ofen Museum“ zugängig gemacht. Wer im idyllischen Erholungsdorf übrigens baden gehen will, kann das im Bananensee tun – die Schwoicher haben das Biotop wegen seiner Form so getauft.
Wolga. Gut, der Weizbach ist mit 30,6 Kilometern nicht ganz so lang wie die Wolga mit 3530 Kilometern. Und so bitterkalt wie bei Väterchen Frost ist es in Wolga bei Unterfladnitz auch nicht, außer winters auf dem Platz des Eisschützenvereins vielleicht. Aber man kommt gut per pedes dort vorbei und natürlich auch per pedales, denn die „Käferbohnentour“ mit Panoramasicht führt ebenso durch die Streusiedlung Wolga wie die „Ilztal-Radtour“.
Steinernes Meer. Meine große Liebe zum Meer könnte schon begonnen haben, als ich noch in Abrahams Wurschtkessel lag. Denn mein Großvater und meine Großmutter lebten eine Zeit lang am Meer. Am Steinernen Meer allerdings. So heißt der Gebirgsstock zwischen Berchtesgadener Land und Pinzgau. Saalbach, Hinterglemm, Schmittenhöhe: Dass Skifahrer in der Gegend ein Dorado finden, ist kein Geheimnis. Aber sommers hat die nach Eigendefinition „kontrastreichste Region der Alpen“ ebenso große Reize. Auch für die Ohren, wenn das Jazzfestival Saalfelden (wegen Corona erst im August 2021) wieder Feinkost zum Hören bietet.
Krakau. Ich war zu Zeiten, als Lech Walsas Solidarnosc-Bewegung aufkam, das erste und leider einzige Mal im polnischen Krakau. Aber, zu meiner Schande, noch gar nie in Krakau in der Steiermark. Und das, obwohl vom Hochplateau im Krakautal, das ein Teil der Schladminger Tauern ist und als Wanderparadies gilt, alle so schwärmen. Krakau entstand 2015 nach der Strukturreform aus den Gemeinden Krakaudorf, Krakauhintermühlen und Krakauschatten. Der Ortsname leitet sich von Krakowa ab, der slawischen Bezeichnung für Krähe, die auch im Wappen aufscheint. Jeden ersten Sonntag im August wird in Krakaudorf Kirchtag gefeiert, und da steht neben dem Pfarrpatron, dem Hl. Oswald, ein sechs Meter großer und 75 Kilo schwerer Mann im Mittelpunkt: Samson, der einem französischen Kürassier nachempfundene „Umgangsriese“ mit Hellebarde und Schwert, der seit 1810 als treuer Begleiter der Schützengarde durch den Ort tanzt – von nur einem Burschen aus dem Ort auf den Schultern getragen.
Schwarzindien. In Schwarzindien habe ich als Schüler einmal ein Mädchen geküsst, das nach Vanillejoghurt schmeckte. Aber sie war keine Inderin, sondern Wienerin. Das war auf der Sportwoche 1980 am Mondsee. Damals wusste ich noch nicht, woher die wunderbare Gegend am Südwestufer, auf die die Drachenwand herunterschaut, ihren Namen hat: 1879 sollen Studenten dort die Entdeckung Amerikas durch Kolumbus nachgestellt haben: Mit einer Plätte mit rotem Segel und Dutzenden Zillen für die restliche „Armada“ landeten sie am Ufer des Eschenhügels und hissten eine Flagge. Weil die jungen Leute stark sonnengebräunt waren, nannten die Einheimischen sie „schwarze Indianer“ – und diese ihr erobertes Land folgerichtig „Schwarzindien“. Unter einer Esche soll noch eine Dose mit der Taufurkunde aus Pergament liegen.
Chikago. Was ist die größte burgenländische Stadt? Chicago! Mehr als 100.000 Burgenländer waren nach dem Ersten Weltkrieg in drei Wellen ausgewandert, vorwiegend in die USA, und die Hauptstadt von Illinois wurde ihre größte Kolonie. In und um Chicago findet man heute rund 60.000 Menschen mit burgenländischen Wurzeln, die oft noch so amerikanische Namen wie Murlasits, Prascsaics oder Tschida tragen. Wer dorthin will, muss aber nicht an den Michigansee, Kittsee liegt deutlich näher. Ein früh aus Amerika zurückgekehrter Kittseer behauptete aufgrund der regen Bautätigkeit ab 1910, es ginge im nordburgenländischen Grenzort so rasch voran wie in Chicago, woraufhin der damals noch unbenannte Ortsteil den Namen Chikago erhielt.
Michael Tschida