Einfach mal raus: Landschaft erobert man mit den Schuhsohlen, nicht mit den Autoreifen“, so formulierte es der französische Schriftsteller Georges Duhamel und so lässt sich das südliche Piemont zwischen Cuneo und den Langhe auch am besten erkunden – mit den Wanderschuhen oder mit dem Drahtesel – Hauptsache, aus eigener Kraft.
Bei der Vielfalt der Region, die geprägt ist vom Hügelland im Südwesten bis zu den hohen Gipfeln der Ligurischen Alpen, wird man dabei zum mehrfachen Gipfelstürmer. So lässt sich etwa die von der Unesco anerkannte Kulturlandschaft der Weinbaugebiete Langhe Roero und Monferrato bestens auf Schusters Rappen erkunden. In Begleitung von Winzer Maurizio Rosso erfährt man dazu auf dem eigens angelegten Weinberg-Wanderweg „Bar to Bar“ so ganz nebenbei vieles über die Besonderheiten der Gegend und deren edlen Tropfen. „Es ist der kalkhaltige Boden, der unseren Wein so einzigartig macht“, erzählt Maurizio.
Bei einer Einkehr zur Verkostung von Barolo, Barbera und Barbaresco in der Cantina Marchesi di Grésy wird klar, was der Winzer damit gemeint hat. So erklimmt man als Wanderer, neben den sanften Hügeln der Gegend, auch Gaumengipfel im Nu.
In luftigen Höhen
Ein Gipfelsieg der anderen Art wartet an einem ungewöhnlichen Ort: Beim Besuch der Basilika Regina Montis Regalis – eines Meisterwerks der piemontesischen Barockkunst – in Vicoforte gibt es momentan die Möglichkeit, die Kirchenspitze zu erklimmen. Mit Helm und Klettergurt bewaffnet, geht es bis zur elliptischen Kirchenkuppel, die die größte ihrer Art auf der Welt ist, hinauf.
„Das wird ein emotionaler Aufstieg“, meint Guide Francesca und blickt dabei in etwas ungläubige Gesichter. „Warum emotional?“, so der Tenor der Gruppe. Doch oben angelangt, wird klar, was damit gemeint ist. So hautnah werden die Fresken regelrecht zum Leben erweckt, ein völlig neuer Blickwinkel eröffnet sich.
Nach solch einem Aufstieg sind nur die Berge der ligurischen Alpen dem Himmel noch näher. An den Quellen des Flusses Ellero in einem schönen, grünen Talkessel, scheinen die Gipfel endlos nach oben zu ragen. „An schönen Tagen kann man bis zum Meer sehen“, erklärt Mario stolz, der auf rund 1700 Metern ein „Refugio“ betreibt. Hier können Wanderer sich mit bester Küche und Prosecco stärken, um für neue Gipfelstürme gerüstet zu sein.
Wie etwa im Naturpark Marguareis bei Limone Piemonte an der französischen Grenze. Bei der „Tour dei Forti“, zwischen alten Wehranlagen und atemberaubenden Ausblicken, kann man auf dem Mountainbike noch einmal körperliche Gipfel erklimmen oder zumindest die eigenen Grenzen verschieben.
Doch am Ende hat sich all der Schweiß gelohnt, denn wie schon Goethe meinte: „Nur wo du zu Fuß (oder eben mit dem Rad) warst, bist du auch wirklich gewesen.“