"Wenn unsere Königin Milena Olga geheißen hätte, dann hätten wir jetzt einen Kreisverkehr in der Straße“, witzelt Reiseleiterin Rosanda. Sie zeigt uns das Detail im atemberaubenden Panoramabild, das sich hoch über der Bucht von Kotor bietet. Der Architekt Josip Slade, der die serpentinenreiche Passstraße Ende des 19. Jahrhunderts geplant hat, soll der Legende nach aus heimlicher Liebe zu Königin Milena eine Kurve mehr eingebaut und damit den Buchstaben „M“ verewigt haben. König Nikola soll keine rechte Freude an dieser Aktion gehabt haben.
Die Straße selbst ist ein Symbol für die Kontraste, die das kleine Land bietet. Sie führt über viele Kehren von den mondänen Küstenorten in die Bergregionen Montenegros. Dunkel oder schwarz wirken die namensgebenden Berge übrigens wegen der eng stehenden, hohen Schwarzkiefer.
Auf in die schwarzen Berge
Der Weg hat aber auch eine kulinarische Komponente und führt von Fisch und Meeresfrüchten über würzigen, luft- und rauchgetrockneten Pršut-Rohschinken aus dem mit besonderem Klima gesegneten Dorf Njeguši bis hin zu Kacamak, einem am ehesten mit Polenta vergleichbaren Gericht, das in den wilden Bergen serviert wird.
Illyrer, Römer, Franzosen, Venezianer, Osmanen, Österreicher und Josip Broz Tito – alle haben im ganzen Land ihre Bauten, Kastelle und Spuren hinterlassen. Die Ritzzeichnungen im Gefängnis der türkischen Festung Kanli Kula, das bedeutet „blutiger Turm“, in Herceg Novi erzählen ihren eigenen kleinen Teil der Geschichte. Im Bergstädtchen Cetinje, der alten Hauptstadt Montenegros, kann man in einem Museum am früheren Wohnsitz von König Nikola Aufschlussreiches über sein Wirken und das Familienleben mit seiner Frau Milena und ihren zwölf Kindern erfahren.
"Wachsende" Insel
Legendäres erfährt man in Perast. Die Insel „Maria vom Felsen“ vor der Stadt wurde nach dem Fund einer Ikone der Heiligen Mutter auf einem Felsen im Meer von den Bewohnern nach und nach aufgeschüttet. Auf ihr steht eine kleine Kirche, die das geheimnisvolle Gemälde und ein Museum beherbergt. Heute noch werfen die Einheimischen an bestimmten Tagen Steine ins Meer, um die Insel zu vergrößern.
Feriendomizile gibt es in Montenegro für jeden Geschmack und Geldbeutel. Für Nachtschwärmer und Badeurlauber empfiehlt sich der quirlige Ort Budva mit verwinkelter Altstadt, Traumstränden und vielen Veranstaltungen. Im Restaurant Jadran, von Krsto Niklanovic, einem Original und Haudegen der Szene, lassen sich direkt an der Promenade landestypische Gerichte verkosten.
Hotelinsel und Seilbahn
Wohnen kann man auch auf Sveti Stefan, dem beliebtesten Fotomotiv der Region. Die ganze Insel ist ein Hotel und nur für seine Gäste reserviert – viele Prominente aus der Musik- und Filmindustrie und Mitglieder der Königsfamilien lieben die Privatsphäre.
Rosanda erzählt stolz von der nächsten Attraktion in Montenegro. Eine neue Seilbahn von Kotor nach Kuk, das auf 1348 Meter über dem Meeresspiegel auf dem Berg Lovcen in einem der spektakulärsten Naturparks Dalmatiens liegt, geht noch diesen Sommer in Betrieb. Damit lässt sich der Kontrast zwischen Meer und schwarzen Bergen dann noch schneller erkennen.
Helmuth Weichselbraun