Trifft man Billi Bierling in Kathmandu, organisiert sie gerade etwas für einen Bergsteiger in Österreich. Besucht man sie in ihrer Heimat, im bayerischen Garmisch, spricht sie über ihre Arbeit für die Humanitäre Hilfe der Schweiz.


Bierling hat drei Basis-Lager: Eines ist ihre Wohngemeinschaft in der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu. Das andere liegt in Bern. „Aber werde ich gefragt, was meine Heimat ist, ist ganz klar: Garmisch. Hier bin ich aufgewachsen und hier ist meine Familie“, sagt die 55-Jährige. Die „Himalaya-Billi“, wie sie manche nennen, ist eine Weltenbummlerin. Auch wenn ihr in ihrer Jugend die Berge im Weg waren, weil sie die Sicht verstellen, haben sie die Berge bekannt gemacht: Sie war die erste Deutsche, die auf dem Manaslu (8163 m) stand und sie schaffte es auf den Mount Everest (8848 m), den höchsten Berg der Welt. Zu Fuß auf der Zugspitze, die man von Garmisch gut sehen kann, war sie erst spät: Seit dem Zugspitzenlauf 2009 gehört der mit 2962 Metern höchste Berg Deutschlands aber zu ihrem Trainingsberg. „Wenn ich um vier Uhr von Garmisch mit dem Rad los fahr, bin ich um 5 am Einstieg“, sagt sie. 3 Stunden und 45 Minuten sind ihre persönliche Bestzeit über das Höllental auf den Gipfel. 99 Prozent nehmen aber die Gondelbahn, die von Eibsee bis knapp unter den Gipfel führt. Immer wieder schweift Bierlings Blick in die Ferne nach Nepal, wo sie die Arbeit von Elizabeth Hawley (1923 bis 2018) übernahm. Hawley begann in den 1960er Jahren damit, eine Chronik der Himalaya-Besteigungen zu erstellen. Bierling führt ihre Arbeit mit einem Team weiter und hütet die Himalayan Database.

Winter rund um Garmisch
Winter rund um Garmisch © (c) imago images/Alexander Rochau (Alexander Rochau via www.imago-images.de)
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In ihrer Wohnung in Garmisch riecht es nach Räucherstäbchen, der Kaffee ist Italienisch und die Zimtsterne wohl bayrisch. Derzeit stellen sich viele Journalisten bei ihr an. Ihre Biografie „Ich hab ein Rad in Kathmandu – Mein Leben mit den 8000ern“ ist im Tyrolia-Verlag erschienen und erzählt ihre Geschichte. Hier in Garmisch hat ihr Großvater eine Buchhandlung geführt, die ihre Tante Christl Küchler (85) bis ins Jahr 2003 betrieben hat. Mit ihrer Tante, ihrer Mama Irene (89) und ihrer Schwester Christiane lebt sie im gleichen Haus. Garmisch ist für Bierling Familie. Wenn sie hier ist, geht sie manchmal ins „Cuatro Hombres“. „Eine sehr coole Bar, die in einer ehemaligen Autowerkstatt untergebracht ist.“ Das an der Promenadenstraße gelegene Lokal ist nicht zu verfehlen: Ein Lieferwagen mit dem Lokal-Schriftzug parkt in der Einfahrt. Für eine Bayerin wie Bierling, jedoch auch mit Schweizer Pass, ist die Heimat kulinarisch ein Minenfeld: „Ich bin Veganerin.“ Doch man möchte es nicht glauben, das Gasthaus „Zur Schranne“ in der Griesstraße hat ein veganes Quoten-Gericht auf der Speisekarte: Hausgemachte Kürbistascherl. „Wenn du bayrisch essen willst, bist du dort richtig“, gibt sie aber zu.

Billi Bierling in ihrer Heimat Garmisch - auf Schildkröte Kassiopeia
Billi Bierling in ihrer Heimat Garmisch - auf Schildkröte Kassiopeia © Kanatschnig


Garmisch hat knapp 30.000 Einwohner und neben der berühmten Tochter Billi Bierling auch den bereits verstorbenen Schriftsteller Michael Ende als berühmten Sohn. Ein Ende-Platz und ein Park erinnern an den Autor von „Die Unendliche Geschichte“. Schildkröte Kassiopeia aus „Momo“ lädt im Park zum Verweilen ein. Man sieht von dort zwar den 1985 Meter hohen Berg Kramer, aber in die Zukunft schauen, wie im Roman, kann man von hier aus nicht. Garmisch ist als Station des alpinen Ski Weltcups bekannt, aber das ist für sie eigentlich kein Thema. Bierling denkt schon wieder an ihren nächsten Einsatz für die Humanitäre Hilfe, die sie von Kabul bis Kiew geführt hat, und sie auch in die vom Erdbeben betroffene Region in der Türkei führen kann. Und sie denkt an Kathmandu, wo sie vier bis fünf Monate im Jahr lebt: „Es tut mir weh, wenn ich von hier abreise. Aber ich freue mich auch immer, wenn ich in Kathmandu ankomme.“ Auch wenn die Welt ihr zu Hause ist, bleibt Garmisch ihr Basislager, 708 Meter über Meeresniveau.

Das Cuatro Hombres - Billi ist dort gerne
Das Cuatro Hombres - Billi ist dort gerne © Kanatschnig
B. Bierling. Ich hab ein Rad in Kathmandu. Tyrolia, 240 Seiten, 28 Euro
B. Bierling. Ich hab ein Rad in Kathmandu. Tyrolia, 240 Seiten, 28 Euro © Tyrolia