Schon viele große Poeten wussten der Freude des Lebens ein lyrisches Loblied zu singen. So hielt der deutsche Schriftsteller Theodor Fontane bereits fest: „Wenn man glücklich ist, soll man nicht noch glücklicher sein wollen.“

Es mag viele Wege geben, der Freude des Lebens Ausdruck zu verleihen, und vielleicht noch mehr, um zu ihr zu finden. Meine Suche endet nach diesen fordernden Zeiten auf den italienischen Wanderpfaden hoch über dem Meer, inmitten eines Unesco-Weltkulturerbes: den Cinque Terre in der Region Ligurien.

Hier, inmitten der jahrhundertealten Dörfer und den steil abfallenden Weingärten, fällt es nicht schwer, nicht noch glücklicher sein zu wollen.
Monterosso, Vernazza, Corniglia, Manarola und Riomaggiore – das sind die fünf Dörfer, die mit ihren klingenden Namen Weltberühmtheit erlangt haben.

In Riomaggiore lässt es sich leben
In Riomaggiore lässt es sich leben © QQ7/stock.adobe.com (Krisztian Miklosy)

Wandern im Weltkulturerbe

Sie sind bekannt für die bunten Häuserfassaden, die malerischen Häfen, die Zitronenprodukte, Fischerboote und die terrassenförmig angelegten Weingärten. Während sich in der Hochsaison viele Touristen in den engen Gassen tummeln, die auf dem Seeweg oder mit dem Zug dorthin gelangen, ist beim Wandern im zeitigen Frühjahr etwas mehr Platz.

Rund 120 Kilometer Wanderwege führen durch den Nationalpark, der 1999 ins Leben gerufen wurde. Der Cinque-Terre-Park mit seinen 18 Quadratkilometern ist der kleinste Nationalpark Italiens, gleichzeitig der am dichtesten besiedelte. Rund 4000 Einwohner leben in den fünf Dörfern – jedes für sich einzigartig, jedes mit bestechendem Charme.

Die beiden Küstenwanderwege von Monterosso bis Vernazza und von Vernazza bis Corniglia sind zwar gebührenpflichtig (Kosten etwa 8 Euro), unbezahlbar sind jedoch die Landschaftsbilder, die sich vor einem auftun. Da der bekannte Weg, auch genannt „Via dell’amore“, zwischen Riomaggiore und Manarola derzeit wegen Bauarbeiten gesperrt ist, starten wir hoch über Manarola – im Bergdörfchen Volastra.

Das Dörfchen Corniglia liegt als einziges der fünf Dörfer auf einem Felskegel
Das Dörfchen Corniglia liegt als einziges der fünf Dörfer auf einem Felskegel © Andrew Mayovskyy/stock.adobe.c (Andrew Mayovskyy)

120 Kilometer Wanderwege im Nationalpark

Dorthin gelangt man entweder mit dem Bus (10 Minuten Fahrt vom Ortskern in Manarola) oder über einen steilen Wanderweg (mindestens 45 Minuten). 3,5 Kilometer Fußmarsch liegen vor uns. Schon nach wenigen Schritten befindet man sich mitten im Weinbaugebiet, dessen Rebstöcke sich ihren Platz in den steilen Hängen Richtung Küste suchen. Es sind diese Momente im Trott des steten Schrittes, die uns die Kraft der Natur vor Augen führen und uns gleichzeitig voller Demut in die Tiefe blicken lassen. „Angeblich soll es sich bei diesen Rebflächen um die steilsten Weinberge Europas handeln“, weiß eine Italienerin aus der nahe gelegenen Hafenstadt La Spezia zu berichten.

Ein enger Pfad schlängelt sich die Steilküste entlang, es geht vorbei an Trockenmauern mit blühenden Rosmarinzweigen, bergauf über Steinstiegen, vorbei an kleinen Häusern und Olivenbäumen, entlang schattiger Waldwege, bis man schließlich über einen ausgedehnten, recht steil abfallenden Wanderpfad Corniglia erreicht. Hier, inmitten des Ortes, lässt sich das „Dolce far niente“ (Das süße Nichtstun) wirklich zelebrieren: am besten bei einer Fischplatte und einem guten Gläschen Weißwein – beispielsweise in der Trattoria „Cucina Casalinga“, direkt am beschaulichen Hauptplatz.

Der Blick auf das Dorf Vernazza mit dem Turm der Kirche Santa Margherita d’Antiochia ist einer der berühmtesten auf dem Weg
Der Blick auf das Dorf Vernazza mit dem Turm der Kirche Santa Margherita d’Antiochia ist einer der berühmtesten auf dem Weg © Luciano Mortula-LGM/stock.adob (Luciano Mortula)

Großes Finale in Vernazza

Gestärkt treten wir die nächste Etappe an – und zwar nach Vernazza. Hat man den höchsten Punkt dieser 3,7 Kilometer langen Wanderroute erreicht, so belohnt die Bar „Il Gabbiano“ in Prevo 208 Meter über dem Meer mit einem herrlichen Ausblick auf Corniglia. Beim steten Abstieg mit Blick auf die Dächer von Vernazza sind Kakteen, Agaven, Ginster und Sukkulenten-Schönheiten unsere ständigen Begleiter. Markant baut sich der Turm der Kirche Santa Margherita d’Antiochia vor uns auf. Während sich Sonnenhungrige entlang der Felswände reihen und die letzten Sonnenstrahlen genießen, wird in den Tavernen direkt am Weg bereits alles für das Abendessen vorbereitet. Nach einigen Stufen findet man sich schließlich im Getümmel der Einkaufsstraßen von Vernazza wieder.

Das atemberaubende Panorama auf die Häuserreihen, der Duft der auferstandenen Natur im Frühjahr und der Blick auf die untergehende Sonne lassen uns friedvoll auf den Tag zurückblicken. Wir sind so glücklich, wie wir es nur sein können – und das tut uns, wie Fontane bereits meinte, Genüge.