Die Chance, einem aktiven Unterwasservulkan beim Ausbrechen zuzuschauen, ist in unseren Breiten theoretisch gleich null. Praktisch hingegen genügt ein Ausflug nach Kranjska Gora. Der Wintersportort in den Julischen Alpen, der im nordwestlichsten Eck Sloweniens an Kärnten und Italien grenzt, versteckt abseits planierter Hänge das malerische Naturjuwel Zelenci. Hier entspringt der Fluss Save, der fast 1000 Kilometer weiter bei Belgrad in die Donau mündet. Gespeist wird er am Beginn seiner Reise durch Südosteuropa nicht aus einer einzigen Quelle, sondern aus vielen winzigen: den Unterwasservulkanen im Zelenci-See.
Das 15 Hektar große Naturschutzgebiet am Nordrand des Triglav-Nationalparks rollt Besuchern den roten Teppich aus. Von den Parkplätzen entlang der Straße zwischen den Dörfern Rateče und Podkoren geht’s über einen zur „Spazierautobahn“ ausgebauten Weg zum kleinen smaragdgrünen See.
Die Farbe spiegelt sich im Namen wider: Zelen ist das slowenische Wort für Grün. Ein Steg führt sicheren und trockenen Fußes über die Sumpflandschaft. Und dann sieht man sie schon arbeiten: die Vulkane am Grund des maximal zwei Meter tiefen Sees. Manche sind nur ein paar Zentimeter groß, manche mehr als einen Meter.
Die Entstehung dieses Phänomens reicht in die letzte Eiszeit zurück. Das Gebiet war damals von einem 600 Meter hohen Gletscher bedeckt. Als er schmolz, blieben ein Sumpf, der kleine See und ganz viel feiner Kalksand zurück, der nun für den Vulkaneffekt sorgt. Das Wasser, das aus den Quellen am Grund sprudelt, türmt ihn zu Kegelformen auf und lässt in der Mitte vermeintlichen Rauch aufsteigen. Der Sand ist auch für den grünen Schimmer des an sich kristallklaren Wassers verantwortlich. Die Farbe entsteht im Auge des Betrachters, weil die Kalkpartikel für eine dementsprechende Lichtbrechung sorgen.
In dieser Umgebung fühlen sich nicht nur Naturfotografen, sondern vor allem Tiere pudelwohl. Den Luftraum kontrollieren Libellen und nachts Fledermäuse. Zwischen den Quellvulkanen schwimmen Forellen. Fauna, Flora und Landschaft faszinieren Forscher schon seit Langem. Sir Humphry Davy (1778–1829) schwärmte: „Ich kenne nichts Schöneres in Europa.“ Obwohl der Brite dafür bekannt ist, dass er die narkotisierende Wirkung von Lachgas entdeckt hat, dürfte er das Lob nüchtern ausgesprochen haben. An ihn erinnert eine Gedenktafel in Podkoren.
In Stein gemeißelt – allerdings von der Natur selbst – ist auch ein weiterer einzigartiger Aus- und Anblick bei Kranjska Gora. Von einigen Stellen entlang der Straße, die über den Vršič-Pass ins Soča-Tal führt, ist das „heidnische Mädchen“ zu sehen. In dieser Felsformation zeichnet sich die Form eines weiblichen Gesichts ab. Sie steht in Verbindung mit der bekanntesten Sage aus der Region. Hauptdarsteller ist der wilde, weiße Steinbock Zlatorog mit seinen goldenen Hörnern.
In seinem Garten, hoch oben auf dem slowenischen Nationalberg Triglav, hütete er einen Schatz, der einen habgierigen Jäger anlockte. Der Mann erschoss das Tier, büßte dafür aber umgehend. Aus dem Blut des Zlatorog wuchs eine Wunderblume, die dem Steinbock das Leben zurückgab. Wütend tötete er den Jäger. Das „heidnische Mädchen“ soll den Mord am Zlatorog vorhergesagt haben, was andere Frauen so wütend machte, dass sie die Prophetin zu Stein werden ließen. Laut Sage verschwand der Zlatorog spurlos, nachdem er am Jäger Rache genommen und den paradiesischen Garten zerstört hatte.
Das stimmt so nicht ganz: Heute ist der Steinbock in millionenfacher Ausfertigung unterwegs. Als Markenzeichen der bekannten slowenischen Brauerei Laško ziert er Flaschen sowie Gläser und sorgt damit für zumindest allerlei „bieradiesische“ Zustände.