Wolken über Rovinj. Am Abend war es das Blutrot der untergehenden Sonne, das in seinen Bann gezogen hat. Am Morgen ist noch nicht ganz klar, ob sich die Schleusen des Himmels nicht doch noch öffnen werden. Es ist diesmal nicht der Strand, der ans Meer lockt, sondern die Landschaft dahinter, um sie mit dem Drahtesel zu erkunden.
Der erste Tag führt nach Süden: Viele Kilometer geht es an der Küste entlang, ein Naturschutzgebiet, weitgehend unverbaut. Es beginnt mit dem Park Zlatni rt, "Goldenes Kap", – Eldorado der Wanderer, der Radfahrer, aber auch der Kletterfreunde. Geübte Sportler erklimmen die Felsen, daneben kraxeln Familien mit Kindern, für jeden ist was dabei.
Strand, Steine und wärmende Strahlen
Weiter geht's in Richtung des wunderschönen Cisterna Beach – alles naturbelassen, keine Liegestühle, keine Sonnenschirme. Wir zweigen ab, ins Landesinnere, die Route ist mit der App "komoot" geplant und führt über zauberhafte Nebenstraßen und Schotterwege. Der eine oder andere "trullo" überrascht uns: Wir kennen die runden Steinhäuschen am Feld aus Apulien, hier heißen sie "kažun".
Monkodonja, zu Deutsch "Quittenberg", eine Bergsiedlung aus der Bronzezeit, liegt vor uns. Die Reste einer oberen und einer unteren Stadt legen Zeugnis ab von großstädtischem Treiben zwischen 1800 und 1200 vor Christus.
Von dort geht es rasch wieder hinunter nach Rovinj, der Hafen und seine Lokale rufen. Vor ihrem Untergang lässt sich auch die Sonne noch einmal blicken und schickt wärmende Strahlen.
Schotterpisten und alte Steinhäuser
Der schmucke Ort Bale steht tags darauf auf dem Programm. Diesmal geht es hinter dem Monkodonja vorbei in Richtung Südosten. Beschauliche Wege führen durch Wiesen, Weinberge und Olivenhaine. Pittoresk schmiegen sich die alten Steinhäuser von Bale kreisförmig an den Hügel.
Der Rückweg führt zunächst noch ein Stück nach Norden und dann über die alte Eisenbahnstrecke von Kanfanar nach Rovinj, die Štrika-Ferata, in die wir kurz vor Rovinjsko Selo einsteigen. Der Körper wird auf dem Schotter grob geschüttelt, genießt dann aber die lange Abfahrt.
Am Wasser und zur Ruine
Das Ziel an Tag drei: der Limski Kanal. Elf Kilometer lang ist der schmale Meeresarm. Geradelt wird dem Bergrücken entlang, der zwischen Radweg und dem Ufer liegt. Ein schmaler Abstich führt hin zu einem Aussichtspunkt, von dem aus man den Blick über das Wasser schweifen lassen kann. Der Abstieg dorthin, wo die Muscheln und Fische warten, ist steil. Stellenweise muss man das Rad schieben, die Rast am Kanal genießen wir – und nicht nur wir: Die wenigen Lokale haben große Anziehungskraft auf Ausflügler.
Weniger Menschen verschlägt es nach Dvigrad, eine riesige, verlassene Ruinenstadt, hoch oben auf einem Hügel. Gegenüber lag dereinst noch eine zweite Burg, daher der Name Dvigrad, "zwei Städte". Dunkle Wolken sorgen für die passende Stimmung über den Gerippen aus Stein.
Dvigrad gehört zu Kanfanar, und die alte Eisenbahnstrecke von Kanfanar nach Rovinj kennen wir schon. Finale beim Sundowner im Hafen: geschüttelt vom Ritt über den Schotter, ein letztes Mal gerührt vom Sonnenuntergang.
Claudia Gigler