Erste Bekanntschaft mit Waalwegen machten viele Menschen im „Bozen Krimi“, wo es im Kampf um Wasser tödlich zuging. Die Bedeutung von Waalwegen und unter welch schweren Bedingungen diese Bewässerungsleitungen in Südtirol in den 1830er-Jahren errichtet wurden, lässt sich bei Wanderungen entlang eines solchen historischen Waalwegs auf den Naturnser Sonnenberg im Vinschgau erkunden. Heute kommt das Wasser meist verrohrt zu den Weingärten an den Berghängen und den Apfelplantagen im Tal.
Während das eine kostbare Nass in Leitungen verschwand, trat ein anderes wertvolles Wasser bei Straßenbauarbeiten zutage: Thermalwasser. Es entspringt im Sonnenberg, unterhalb von Schloss Juval, der Residenz der Bergsteiger-Legende Reinhold Messner mit seinem „Messner Mountain Museum“.
Es sprudelt aus dem Berg
Bis das Thermalwasser zertifiziert, seine neuromuskulär entspannende Wirkung bestätigt war und die Voraussetzung zu seiner Verwendung geschaffen waren, brauchte es seine Zeit. Jetzt hat der Ort, der die Natur in seinem Namen trägt, ein weiteres wertvolles Angebot. Dank der zufälligen Entdeckung ist Naturns ein neuer Mitspieler im Thermen-Konzert.
Für die Nutzung des Thermalwassers haben sich zehn Hoteliers zusammengeschlossen und es in ihre Häuser geleitet. Das „Kleinkunsthotel“ der Familie Christanell im Zentrum von Naturns beispielsweise bietet seinen Gästen die Entspannung im Thermalpool auf dem Dach des Hauses an. Im Fünf-Sterne-„Preidlhof“ der Familie Ladurner findet das Thermalwasser neben einem riesigen Becken in verschiedenen Wellnessanwendungen Verwendung.
Und auch das öffentliche Erlebnisbad Naturns lässt das Thermalwasser in Whirlpools oder unter einem Indoor-Wasserfall sprudeln. So wird wiederbelebt, was in früheren Jahrhunderten bereits genutzt wurde. Schon die Römer wussten auf ihrem Weg über die Handelsstraße Via Claudia Augusta um die warmen Quellen im Vinschgau.
Von der Apfelblüte bis zum bunten Weinlaub
Mit einem Frühlingsfest startete Naturns kürzlich in die Tourismussaison, die sich bis in den späten Herbst erstreckt. Denn der Ort, der 13 Kilometer westlich von Meran liegt, 45 Kilometer von der Schweizer Grenze und 70 Kilometer vom Reschenpass entfernt ist, kann mit einem breit gefächerten Angebot aufwarten. Kulturhistorisch spannend sind die Fresken in der St.-Prokulus-Kirche; dem Wasserheiligen und Schutzpatron des Ortes ist ein eigenes Museum gewidmet.
Auf den Bergen ringsum und entlang der Etsch, die Naturns durchquert, finden Lauffreunde, Wanderbegeisterte, Radlerinnen und Radler Herausforderungen jeden Schwierigkeitsgrades. Burgen und Schlösser sind nicht nur Sehenswürdigkeiten, sondern bieten spannende Programme an – wie das „Messner Mountain Museum“ mit „Gesprächen am Feuer“ im August.
Die Südtiroler Kulinarik ist ohnehin ein Begriff. Und für ausgiebige Städte-Bummel ist es nach Meran und Bozen nicht weit. Zudem spielen der Vinschgau und Naturns das ganze Jahr über alle Farben – von der Apfelblüte im Frühling bis zu den bunt verfärbten Weinblättern im Herbst.
Antonia Gössinger