Von einer roten Ampel lässt sich Catherine Le Chevallier nicht ausbremsen. Das Tourismusbüro Rennes hat die resolute Bretonin geschickt, um die Gäste aus der Stadt hinauszuführen. Flott lenkt sie die Truppe über Radwege, Kreuzungen, zwischendurch auch über Gehsteige. Erst am Radweg, der sich am Flussufer der Vilaine entlangschlängelt, drosselt sie das Tempo. Der Weg führt vorbei an den bunten Hausbooten, die dort vor Anker liegen, hinaus in ein Naherholungsgebiet mit weiten Wiesen. Man könnte dort einfach weiterradeln, bis hin zu den Ufern der Seen der Étangs d’Apigné, dann Richtung Süden zu den Schlössern, Mühlen und blumengeschmückten Schleusen.
Bretonisch durch und durch
Das kann man machen. Aber davor sollte man Rennes gesehen haben, denn die bretonische Hauptstadt hat höchste Aufmerksamkeit verdient. Allen voran die windschiefen Fachwerkbauten mit ihrem braunen, weinroten, grünen und orangen Gebälk. Rund 300 dieser Häuser stehen in Rennes, dicht aneinandergedrängt säumen sie die schmalen Gassen und erwecken den Eindruck, als müssten sie sich gegenseitig stützen. Vor 1720 gab es mehr davon, doch dann brach in einem Hinterzimmer einer Tischlerei ein Feuer aus, das sich durch die Stadt fraß und den mittelalterlichen Kern größtenteils zerstörte.
Das war nicht der einzige Brand, den Rennes verschmerzen musste. Auch die gotische Cathédrale Saint-Pierre wurde nach einem Feuer als neoklassizistischer Prunkbau neu errichtet. Ebenso das Palais du Parlament, das 1994 niederbrannte, originalgetreu wieder aufgebaut wurde und heute den Palais de Justice beherbergt.
So schmeckt die Bretagne
Genug Geschichte. Zeit, sich der Lebendigkeit dieser Stadt zu widmen. Der beste Ort dafür ist der Place des Lices an einem Samstag. Jede Woche, Sommer wie Winter, finden sich dort Händler aus der Region ein, um ihre Produkte zu verkaufen. Zwischen 5 Uhr morgens und 14 Uhr tummeln sich am Marché des Lices Frühaufsteher, die sich mit frischem Fisch, Käse und Brot eindecken, Partylöwen, die vor dem Schlafgehen noch eine „Galette-Saucisse“ (gegrillte Wurst, eingewickelt in eine Buchweizencrêpe) holen, Junge und Alte, die auf einer Café-Terrasse sitzen, frühstücken oder sich einen typisch bretonischen „Apéritif“ gönnen: frische Austern aus Cancale, dazu ein Glas trockenen Weißwein, Brottoasts und gesalzene Butter.
Petra Prascsaics