In der wilden spanischen Extremadura liegt so mancher verwunschene Ort. Und mit Granadilla sogar einer, der eigentlich gar nicht mehr da sein sollte. In den 1950ern, zur Zeit der Diktatur von Francisco Franco, wurde der Fluss Alagón aufgestaut und die Stadt sollte in den Fluten des künstlichen Sees Gabriel y Galán versinken.
Die rund 1000 Einwohner mussten ihr Zuhause verlassen – doch die Ingenieure hatten sich verrechnet. Das Wasser erreichte das Dorf nie, sorgte stattdessen für die malerische Lage auf einer Halbinsel.
Ursprünglich im 9. Jahrhundert von Mauren gegründet, mauserte sich Granadilla durch seine Lage an der Handelsstraße Ruta de la Plata – der Silberweg – zu einer wohlhabenden Gemeinde, die später im Besitz der Adelsfamilie Alba stand und sich einen Wehrturm und eine Festungsmauer leisten konnte. Eine der wenigen mittelalterlichen Festungsmauern, die heute in der Region erhalten sind – ausgerechnet in einer Geisterstadt.
Unfreiwilliges Freilichtmuseum
Während nahe dem steinernen Schutzwall heute nur noch Ruinen verfallener Gebäude stehen, sind die Häuser im Ortskern intakt und bunt gestrichen. Die Räume sehen aus, als hätten sie ihre einstigen Bewohner gerade erst verlassen. Sie wurden von Freiwilligen restauriert, als Granadilla 1980 in den Rang eines kulturhistorischen Ensembles erhoben wurde.
Und so wartet die Stadt als kostenlos zugängliches Freilichtmuseum darauf, ob vielleicht doch wieder Menschen dauerhaft zurückkehren dürfen. Denn das erlaubt die spanische Regierung bis heute nicht.