Die Reaktionen ähneln sich. Idrija – Wie, was, wo? Nie gehört! Dabei sollte Idrija, diese kleine Stadt in der slowenischen Region Goriška, keine 50 Kilometer westlich von Laibach/Ljubljana gelegen, eigentlich bekannter sein. Nicht nur, weil sie 2011 zur Alpenstadt des Jahres gekürt worden war, sondern auch, weil sie bereits Paracelsus anno dazumal besucht und Bemerkenswertes darüber festgehalten hat. 1527 schrieb er: „All die da wohnen sind krumm und lahm.“

Warum er das geschrieben hat, ist schnell erklärt. Die Stadt galt nämlich als bekanntestes Beispiel für chronische Vergiftung durch Quecksilber. 500 Jahre lang, bis zu seiner Stilllegung in den 1970ern, war das Quecksilberwerk hier das zweitgrößte auf der Welt. Viele Bewohner litten an Orientierungslosigkeit und Depressionen, was den Alkoholkonsum und auch die Selbstmordrate gehörig in die Höhe trieb. Der Einfachheit halber errichtete man deshalb gleich im Ort sehr früh eine Nervenheilanstalt, und wer die „Rudarska ulica“ hinaufgeht, kann noch einige von den Häusern, in denen früher die Bergleute gelebt haben, sehen.

Im Antonius-Stollen wurde Quecksilber abgebaut
Im Antonius-Stollen wurde Quecksilber abgebaut © Marko Šinkovec

Von der Industrie zurück zur Natur

„Zur Zeit des Quecksilberabbaus gab es mehr als 36 Bars und über 300.000 Liter Wein wurden pro Jahr konsumiert“, erzählt Čav Matič, der Besucher auch durch das unterirdische Idrija – 700 Kilometer Stollen haben die Knappen in das Gestein getrieben – führt. Der berühmte Antonius-Stollen ist daher ein „Muss“ für jeden Besucher, denn hier befindet sich auch die Untertagskapelle der Heiligen Dreieinigkeit.

Idrija ist aber auch ein Beispiel dafür, wie man sich als Ort neu erfinden kann. Heute pflege man hier einen sanften Tourismus, wie Mirka Rupnik von der Tourismusinformation erklärt. Davon kann man sich am besten bei einem Spaziergang entlang des „Rake“, einem 3,5 Kilometer langen Kanal entlang des Flusses Idrijca, überzeugen. Früher diente der Kanal dazu, die Bergwerksmaschinen und die zum Auspumpen des Grubenwassers dienenden Wasserräder, anzutreiben.

Mittlerweile ist der wildromantische Weg ein Eldorado für Spaziergänger und Mountainbiker. „Es gibt ein Netzwerk von 22 thematischen Wander- und Radwegen und der Idrija-Angelverein organisiert Fliegenfischen an der Idrijca“, erzählt Rupnik, die gleich noch ein weiteres „Muss“ parat hat. Nämlich den Besuch des Partisanenlazarett „Franja“.

Das Partisanenlazarett in Idrija
Das Partisanenlazarett in Idrija © Imago images/Walter Bibikow (Walter Bibikow via www.imago-ima)

Zeugen des Krieges

Es wurde 1943 in der schwer zugänglichen Schlucht Pasice im Berggebiet von Cerkno errichtet, rund 20 Kilometer von Idrija entfernt. Der teils steile Weg durch die Klamm, immer wieder den Fluss Čerinščica überquerend, ist abenteuerlich und beeindruckend, bis man schließlich eine Art Schluchtsohle erreicht, in der sich 14 Holzbaracken drängen, in denen einst rund 600 Schwer- und 300 Leichtverletzte versorgt wurden. Das Lazarett wurde 2007 durch eine Flutkatastrophe fast zur Gänze zerstört, nur ein Gebäude ist im Original erhalten geblieben, die anderen wurden auf Grundlage älter Pläne rekonstruiert.

Überhaupt ist die Zeit des Zweiten Weltkriegs in dieser Region ständig präsent, etwa mit dem kleinen Partisanenfriedhof mit Grabsteinen in Form von Pistolenkugeln. Beides befindet sich in der Nähe von Vojsko.

Der Kanal Rake entlang der Idrijca
Der Kanal Rake entlang der Idrijca © Gregor Kacin/Idrija Tourist Board

Napoleon und Schnaps unter der Erde

Sich in der Natur zu bewegen macht bekanntlich auch hungrig und da empfiehlt sich eine Einkehr in die „Gostilna pri Škafarju“. Chef Saša Bevk ist ein Meister, wenn es um die idrijanische Spezialität schlechthin geht: die sogenannten „idrijski žlikrofi“. Die Žlikrofi sind kleine Maultaschen, die mit unterschiedlichsten Füllungen zubereitet werden. Entstanden sind sie angeblich, als Napoleon seine Geliebte in Idrija besuchte und sie ihm etwas in Form seines Zweispitzhutes, den er immer trug, servieren wollte. Bevk wartet zum Abschluss noch mit einem „Geruš“ – ein mit Beifuß versetzter Schnaps – auf.

Ein altes Bergmannsgetränk, das man allerdings nur mehr in abgeschwächter Form erhält. „In seiner Originalform kann man ihn wirklich nur trinken, wenn man 14 Stunden unter der Erde arbeiten muss“, sagt Bevk.