Was machen ein Soziologe und ein Goldschmied am Viktualienmarkt, dem beliebten Platz für Genießer und Feinschmecker im Herzen von München? Sie verkaufen Erdäpfel – in Bayern Kartoffeln geheißen – am Standl „Caspar Plautz“. Rund 120 Sorten bieten Theo Lindinger und Dominik Klier hier an – vorwiegend regional aus München und Umgebung. Und sie kochen aus – vegetarisch, vegan, aber auch mit Fisch und Fleisch. Der „Caspar Plautz“ ist zu einem beliebten Mittagstreff geworden, wer ein Plätzchen zum Essen ergattert, darf sich glücklich schätzen. Doch wie wurden der Soziologe und der Goldschmied zu Marktstandlern? „Unsere Jobs haben einfach keinen Spaß mehr gemacht“, meinen sie – da fahren sie schon lieber mit Lastenrad zum Einkaufen.

Von Oberbayern geht’s weiter ins Allgäu oder „Allgai“, wie die Einheimischen sagen. Hier, im Voralpenland, liegt der kleine Ort Kappel bei Pfronten. Von dort geht es in einer Stunde gemütlich zu Fuß hinauf zur Hündesleskopfhütte, der ersten vegetarischen Berghütte in den deutschen Alpen. Statt Schnitzel und Brettljause stehen hier Käsespätzle und vegane Zucchini-Lasagne auf der Speisekarte von Hüttenwirtin Silvia Beyer. 2015, mit 50 Jahren, hat die Hauswirtschaftsmeisterin diesen Schritt gewagt, vielen Unkenrufen zum Trotz. Doch die Gäste haben die Unkenrufer eines Besseren belehrt: „Sie haben uns von Anfang an überrannt“, sagt Beyer. Ihre – durchaus erfolgreiche – Küchenphilosophie lautet: „Es gibt das, was es gibt“.

Importierter Stadl und eine kreisrunde Stadt

Wir bleiben im Allgäu und fahren ein Stückchen weiter nach Sonthofen, in die südlichste Stadt Deutschlands. „Slowfood auf allgairisch“ lautet die Devise im „’s Handwerk“ von Uli Brandl. Ein bisschen trendig, ein bisschen außergewöhnlich und sehr bodenständig ist Brandls Lokal. Den Boden, die Tische hat der leidenschaftliche Gastronom aus einem alten Stadl in Oberstdorf nach Sonthofen „importiert“. Handwerk wird tatsächlich großgeschrieben: „Meine Lieferanten sind alles wirkliche Handwerker“, betont Brandl – vom Rumpsteak über Bier und Schnaps bis zum Kaffee kommt (fast) alles aus der Umgebung.

Die Reise geht weiter nach Bayrisch-Schwaben, an die Romantische Straße nach Nördlingen. Ein wenig außerhalb der historischen Stadtmauer, im Naherholungsgebiet Marienhöhe, liegt Meyers Keller. Gourmets ist der Besitzer Jockl Kaiser als Ein-Sterne-Michelin-Koch mit 16 Gault-Millau-Hauben kein Unbekannter. Und tatsächlich gibt es bei Jockl Kaiser Wirtshausküche auf Sterneniveau, etwa Maultaschen in der Brühe, Krautwickel, Blutwurstgröst’l, Wiener Schnitzel oder karamellisierter Kaiserschmarren.

Sein Motto lautet: „Qualität vor Regionalität, Regionalität vor Bio“. Aber Kaisers handverlesene Lieferanten entsprechen allen drei Kriterien. Dazu kommt Nachhaltigkeit. „No waste“ und die Verarbeitung „from nose to tail“ sind für den Sternekoch ein Gebot der Stunde.

Daniel und Wendelstein

Wer Meyers Keller besucht, sollte auch die historische Stadt Nördlingen nicht links liegen lassen. „Die schönsten Ecken sind rund“ lautet der Wahlspruch der Stadt und bezieht sich auf die Stadtmauer mit erhaltenen fünf Türmen, elf Toren und einer Bastion. 2,7 Kilometer der Mauer sind begehbar, und ein Bild davon kann man sich vom „Daniel“ aus machen, dem 90 Meter hohen Turm der St.-Georgs-Kirche. 352 Stufen führen hinauf in die Turmstube, wo heute noch der Türmer zwischen zehn Uhr abends und Mitternacht halbstündlich den Wächterruf erschallen lässt.

Einen vierbeinigen Bewohner hat der Turm auch, Kater „Wendelstein“. Einst zugelaufen, hat er sich den „Daniel“ zu seinem Zuhause erkoren. Sein Futter ist übrigens ein fixer Budgetposten der Stadt, ist der Kater doch „angestellt zur Taubenabwehr“ – auch wenn diese eigentlich ganz anders erfolgt.